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Der Philharmoniker "Big Phil" wiegt 31 Kilo und hat 100.000 Euro Nominalwert. Der Metallwert liegt derzeit bei fast 1,2 Millionen Euro.

Foto: Gero Breloer

Kaum ein Anlageobjekt scheidet die Geister ähnlich stark wie Gold. Das Edelmetall verzinst sich nicht, und essen kann man es auch nicht, wie gerne von Kritikern ins Treffen geführt wird. Diese Aussagen sind zwar unumstößlich richtig, treffen derzeit aber auf kurzlaufende Staatsanleihen von kerneuropäischen Staaten ebenfalls zu. Während die Rentenmärkte in den vergangenen vier Jahren fast wie am Schnürchen gelaufen sind, hat der Preis des Edelmetalls im selben Zeitraum herbe Rückschläge erlitten, wobei Goldexperten wie Ronald Stöferle, Managing Partner der Investmentgesellschaft Incrementum, dieser Marktbereinigung auch Positives abgewinnen können: "Es ist gar nicht so schlecht für den langfristigen Trend, dass ein bisschen Ernüchterung eingetreten ist."

Nun ist seiner Ansicht nach die Zeit für eine Trendwende nach oben gekommen – und zwar auch gegenüber dem US-Dollar, denn in Euro gerechnet steigt der Goldpreis bereits seit dem Vorjahr wieder an. Als Ursache für seine Zuversicht führt Stöferle, Autor der jährlich erscheinenden Studie "In Gold we trust", hauptsächlich die unkonventionelle Geldpolitik der Notenbanken ins Treffen, die deren Bilanzsummen und damit die globale Geldmenge stark aufgebläht haben.

Ausgangspunkt war eine stetig steigende globale Verschuldung, die im Vorjahr bereits die Marke von 290 Prozent der Weltwirtschaftsleistung übertroffen hat. Gleichzeitig haben fallende Rohstoffpreise zu sehr niedrigen Inflationsraten geführt, die deutlich unter den Zielmarken der Zentralbanken liegen – bei der US-Notenbank Fed und der Europäischen Zentralbank (EBZ) sind das jeweils zwei Prozent. Die Währungshüter halten mit unkonventionellen Mitteln wie Nullzinsen und Anleihenkäufen dagegen, um die Teuerungsraten anzufachen.

Inflation der Vermögenspreise

Gelungen ist dies bisher noch nicht. Zwar kauft die EZB monatlich Anleihen für 60 Milliarden Euro, das sind 300 Euro pro Bürger, jedoch kommen diese Gelder nicht bei der Bevölkerung an, sondern rotieren noch innerhalb der Finanzwirtschaft. "Bei den Vermögenspreisen haben wir schon eine massive Inflation erlebt", meint Stöferle unter Verweis auf die gestiegenen Immobilien-, Aktien- und Anleihenmärkte. Dies entspreche dem üblichen Muster, bevor die Teuerung auch auf die Konsumenten überspringen könne – wobei Stöferle bereits erste Anzeichen dafür erkennen will: "Wir glauben, dass Gold vor einem Comeback steht und die Inflationsraten ansteigen werden."

Gleichzeitig wird die EZB ihre sehr expansive Geldpolitik beibehalten, und auch die erwarteten Zinserhöhungen der Fed sieht Stöferle nur als symbolischen Akt: "Ich erwarte keinesfalls einen großen Zinserhöhungszyklus." Als entscheidend für die Entwicklung des Goldpreises erachtet er die Realzinsen, also die um die Inflation bereinigte Verzinsung: Je tiefer diese ausfällt, desto besser für das Edelmetall. "Wenn die Inflation stärker ansteigt als die Zinsen, ist es das perfekte Umfeld für Gold", erklärt Stöferle.

Perfektes Umfeld für Gold

Wohin diese Rahmenbedingungen den Goldpreis führen sollten, zeigt das "kühne" Kursziel des Experten: nämlich 2300 US-Dollar binnen dreier Jahre, was einem Anstieg um 95 Prozent entspricht. Seine Zuversicht nährt auch das aktuelle Stimmungstief am Goldmarkt. Im Gegensatz zum überschwänglichen Optimismus des Jahres 2011, als der Preis des Edelmetalls seinen bisherigen Höchststand markierte, "unterbieten sich die Analysten der großen Häuser derzeit mit immer tieferen Kurszielen".

Einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone, auch Grexit genannt, brauchen Goldbesitzer laut Stöferle jedenfalls nicht zu fürchten. Dieser würde zu einem Anstieg des Euro führen, und daran sei die EZB, einer der großen Geldgeber Griechenlands, keinesfalls interessiert. Sollte es dennoch dazu kommen, interpretiert dies Stöferle als "deflationären Schock wie die Lehman-Pleite" im Jahr 2008. Und damals hat Gold seinen Aufwärtstrend nach einem zwischenzeitlichen Rücksetzer noch bis zum 2011er-Hoch fortgeführt. (Alexander Hahn, 26.6.2015)