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Fertig unterm Sonnenschirm

Urlaubshektik: fast wie auf der Einkaufsstraße im Dezember.

EPA/Jaro Munoz

Nein, es geht nicht ums Wetter. Das hat sich ohnehin erledigt. Dass kommende Woche der Sommer kommt, hilft jetzt auch nichts mehr. Kennen Sie den Spruch, dass man seinen Urlaub zweimal bereut? Einmal vor und einmal nach dem Urlaub.

Früher hatte ich für solche schlauen Weisheiten höchstens ein ignorantes Schulterzucken parat. Heute kann ich das zu hundert Prozent nachvollziehen. Sicher hat das mit Lebensphasen zu tun. Erinnern Sie sich noch an die Zeiten, als der Juni die beste Zeit des Jahres war? Das Leben ein einziges Fest, eine Aneinanderreihung von endlos langen Tagen im Freibad und kurzweiligen Frühsommer-Nächten.

44 ist das neue 66

Heute ist der Juni der neue Dezember. Die Sache mit dem Geschenke-Stress fällt zwar flach, aber sonst ist er um nichts besser. Extrem stressig, das alles noch hinzubekommen, bis man dann endlich die Dachträger montiert hat und im vollgepackten Kombi in Richtung Süden unterwegs ist.

Dort sitzt man dann mit hängender Zunge zwar nicht unterm Weihnachtsbaum, sondern unterm Sonnenschirm. Und wenn die Erholung ein bisschen einsetzt, muss man zurück. Man kann überhaupt nicht mehr nachvollziehen, warum jemand je behauptet hat, 40 sei das neue 30, weil es sich anfühlt, als sei 44 das neue 66.

Arbeit ist die neue Freizeit

Man darf also schon ein bisschen an der Sinnhaftigkeit des Ganzen und an sich selbst zweifeln, ein Jahr lang auf zwei, drei Wochen hinzuarbeiten, die man sich vorher erst einmal hart verdienen muss, um sie nachher dann erst recht zu bereuen. Wer weiß: Vielleicht ist Arbeit die neue Freizeit? Wir bleiben am besten einfach sitzen im wohltemperierten Großraumbüro. Und falls die Sonne doch einmal gnadenlos reinlacht, dann fahren still und leise und vor allem ganz automatisch Lamellen runter und sorgen für ideales Betriebsklima.

Schatten ist die neue Sonne

Aber der Mensch braucht Erholung, ob er will oder nicht. Also rein ins Urlaubsabenteuer und bitte nicht nur Rumliegen und -sitzen, denn Sitzen ist ja bekanntlich das neue Rauchen. Und auch nicht vergessen: Schatten ist die neue Sonne, Griechenland das neue Kärnten und Spanien vielleicht das neue Griechenland? Auch wenn Alt jetzt das neue Jung ist: Einen Juni wie damals gibt es schon lange nicht mehr. Es ist alles sehr kompliziert geworden. (Mia Eidlhuber, 28.6.2015)