Soll noch einmal einer sagen, dass die Cruiser nur fürs gemütliche Umagondeln sind. Kann nicht stimmen, denn um fast ein Monat verpasst der Nordamerikaner Luis Castilla die Vienna Harley Days. Dabei hätte er dort hingepasst wie das Chrom aufs Eisen.

Von 17. bis 19. Juli erobern die Motorräder der amerikanischen Kultmarke Harley-Davidson die Kaiserwiese im Wiener Prater – und auch gleich den Rest der Stadt. Wenn am Freitag der vermutlich wieder mehrere Kilometer lange Konvoi aus blubbernden Harleys von St. Pölten bis zum Prater fährt, dann wäre Luis Castilla der perfekte Vorausfahrer. Oder von mir aus am Samstag, bei der großen Parade um die Ringstraße, da hätte er die ideale Galionsfigur abgegeben. Aber nein. Vier Wochen vor den Vienna Harley Days führte ihn die Reise seines Lebens nach Österreich.

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Luis Castilla hat sich, in den Augen vieler anderer Biker, den Job seines Lebens geangelt. Er bekommt von Harley-Davidson 25.000 US-Dollar und eine neue Street Glide, damit er zwei Monate entlang der Riviera, vorbei an den Fjorden Norwegens und auch durch Österreich fährt. Er selbst sagt vor seiner Abreise am 1. Juni in England: "Es ist so schwer zu beschreiben, wie es sich anfühlt, einen Traum zu leben. Dein Verstand arbeitet hart daran, dich glauben zu lassen, dass die Blase jeden Moment platzen wird und du zur Notlandung in der realen Welt gezwungen wirst." In der Szene der Cruiser war Castilla schnell ein kleiner Star.

Rund 10.000 Biker aus 27 Ländern bewarben sich um den Job, bei dem alle Spesen bezahlt werden und dir am Ende nicht nur die 25.000 US-Dollar gehören, sondern Harley-Davidson dir auch noch die Street Glide schenkt.

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Doch andererseits wird Luis permanent von einem Kamerateam begleitet, hat keine ruhige Minute und muss sich an den Tourplan halten – selbst wenn er dabei tagelang im strömenden Regen fahren muss. Das Abenteuer hat eben seinen Preis. Und dieser war, während er drei Tage durch Österreich tourte, durchaus nass.

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Mitleid muss man mit Luis aber nicht haben. Er, der gerade mit seiner BMW 20.000 Kilometer von Mexiko zum Polarkreis tourte, wusste wohl genau, worauf er sich eingelassen hat. "Es ist so einfach", sagt er, "solche Touren zu bewältigen. Du musst einfach nur fahren." Und er verspricht: "Das ist der Stoff, aus dem die Träume sind."

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Für viele Besucher der Vienna Harley Days steht aber weniger die lange Reise als viel mehr das Beisammensein im Vordergrund. Möglichkeiten, sich zusammenzusetzen und zu plaudern, wird es genug geben. Und einschlägigen Gesprächsstoff gibt es sicher auch, denn wie beim GTI-Treffen am Wörther See wird man auch bei den Harley Days in Wien jede Menge Umbauten sehen.

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Ein schönes Beispiel, wie man einen Cruiser choppen kann – daher der Name Chopper – zeigte übrigens gerade Harley-Davidson Prag mit dem Umbau einer Street 750. Nicht zimperlich, ersetzten sie etwa den Tacho durch ein Telefon, handfertigten Metallteile und räumten ab, was sie nicht brauchten – und damit auch den ersten Platz beim Customizing-Wettbewerb Wheels and Waves in Biarritz. (Guido Gluschitsch, 29.06.2015)

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