Wien – Enttäuscht von der Politik zeigt sich zehn Jahre nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Uni-Zugang die Universitätenkonferenz (uniko). Die damaligen Hoffnungen auf "dauerhafte und effiziente Steuerungsinstrumente entpuppten sich leider als Schimäre", so uniko-Präsident Heinrich Schmidinger.

"Wie sich im Rückblick auf die vergangenen zehn Jahre herausstellt, wurden die damals installierten Zugangsregeln (für das Medizin- und Psychologiestudium in Österreich) nur unter dem Druck des Europäischen Gerichtshofs und nicht aus innerer Einsicht der handelnden Politiker installiert. Seither müssen sie alle paar Jahre im Zuge von UG-Novellen neu beschlossen werden", bemängelte Schmidinger.

Schmidinger für "geregelten Zugang"

Dabei würden die Chancen eines geregelten Universitätszugangs in überlaufenen Fächern auf der Hand liegen: "Verringerung der Drop-Out-Rate, Verbesserung der Studienbedingungen, Erhöhung der Leistungen in Forschung und Lehre an den Universitäten und damit Steigerung der Reputation von Österreich als Wissenschaftsstandort." All diese Möglichkeiten seien "teils widerwillig vollzogen, teils aus ideologischen Gründen ausgeblendet worden". "Folgerichtig zieht sich seit zehn Jahren ein Fleckerlteppich an UG-Novellen durch die Universitätslandschaft." Dazu käme "eine Studieneingangsphase, deren Ergebnisse kaum strukturelle Auswirkung zeigen".

Die Chancengleichheit für Studenten aus bildungsfernen bzw. sozial schwächeren Schichten dürfe laut Schmidinger "nicht reflexartig im Widerspruch zu Zugangsregelungen ins Treffen geführt werden". Diese müssten so gestaltet werden, dass sie schwächere Gruppen stärken und "Studienbedingungen gewährleisten, die es benachteiligen Gruppen ermöglichen, nicht nur ein Studium zu beginnen, sondern auch abzuschließen".

Fünf Minister in zehn Jahren

Nach der Audimax-Besetzung an der Uni Wien 2009 habe man auf die Einführung einer untrennbar mit Platzbeschränkungen verbundenen Studienplatzfinanzierung durch die rot-schwarze Regierung gehofft: "Doch die Bundesregierung hat sich mittlerweile von ihren eigenen Vorgaben und Vorhaben verabschiedet: Das 2011 gemeinsam von Wissenschaftsressort und der uniko in intensiver Detailarbeit entwickelte Modell wurde 2014 wegen fehlender Budgetmittel auf Eis gelegt. Ob es jemals in die Tat umgesetzt wird, steht in den Sternen."

Zehn Jahre nach dem EuGH-Urteil fehlten den österreichischen Universitäten somit "nach wie vor die geeigneten Instrumente, die sie für die Handhabung der Autonomie – und auch zur Hebung der stets geforderten 'Effizienz' – benötigten", sagte Schmidinger: "Die jeweils zuständigen Mitglieder der Bundesregierung – in den vergangen zehn Jahren waren das immerhin fünf verschiedene Wissenschaftsministerinnen und -minister – mussten diesen Missstand offenbar aus Koalitionsräson ebenso in Kauf nehmen wie die Folgen der ungelösten Probleme des Hochschulzugangs."

ÖH weiter gegen Beschränkungen

Nach Ansicht der Österreichischen HochschülerInnenschaft (ÖH) war die Einführung von partiellen Zugangsbeschränkungen die falsche Reaktion auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs. "Zugangsbeschränkungen lösen nicht das Problem, dass es zu wenige Plätze gibt und die Unis nicht ausfinanziert sind", so die neue ÖH-Generalsekretärin Magdalena Goldinger.

"Die richtige Reaktion wäre gewesen, für ausfinanzierte Hochschulen und eine bessere Orientierung zu sorgen", sagte Goldinger. Das Urteil sei vermutlich auch nur der Anlassfall für Maßnahmen gewesen, die ohnehin gekommen wären – "vielleicht in dem Ausmaß nicht sofort. So war es aber schneller und leichter zu verkaufen."

Mit den Beschränkungen sei auch die Idee der Ökonomisierung der Bildung in den Vordergrund gerückt. "Und damit auch die Einstellung, dass alles einen Sinn haben muss." Gegen diese Entwicklung werde man sich engagieren.

Paradox sind für Goldinger auch die derzeitigen Pläne von Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP), neue Zugangsbeschränkungen in Jus und Chemie einzuführen – gerade angesichts der jüngsten, fast eine halbe Million Euro schweren Mint-Kampagne, mit der für ein Studium der Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik geworben wurde. (APA, 30.6.2015)