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Spezialeinheiten patrouillieren am Strand in Sousse.

Foto: Reuters/Bensemra

Tunis/Sousse/Rom – Der Attentäter, der bei dem tunesischen Badeort Sousse am Freitag 38 Menschen erschoss, hat laut Tunesiens Regierung eine militärische Ausbildung im Nachbarland Libyen absolviert. Der als Seif (Seifeddine) Rezgui identifizierte Angreifer habe sich zur selben Zeit in Libyen aufgehalten wie die beiden tunesischen Attentäter beim Bardo-Nationalmuseum, sagte Staatssekretär Rafik Chelly am Dienstag.

Rezgui sei im westlich von Tripolis gelegenen Lager Sabratha ausgebildet worden, das von der jihadistischen Gruppe Ansar al-Sharia betrieben werde. Der für Sicherheit zuständige Staatssekretär fügte hinzu, derzeit sei nicht klar, ob die drei Attentäter sich in Libyen trafen oder in demselben Lager trainierten. Einen Zeitpunkt für den Aufenthalt der drei in Libyen könne er nicht nennen.

Mitte März hatten zwei Tunesier beim Angriff auf das Bardo-Nationalmuseum in der Hauptstadt Tunis 21 Touristen und einen Polizisten getötet. Sicherheitskräfte hatten Rezgui am Freitag nach der Bluttat am Mittelmeerstrand in Port El Kantaoui nahe Sousse getötet. Zu dem Anschlag auf das Bardo-Museum wie zu dem auf die Anlage des Hotels Hotel Riu Imperial Marhaba am Freitag hatte sich die jihadistische Organisation "Islamischer Staat" (IS) bekannt.

27 Tote identifiziert

Die tunesischen Behörden haben nach eigenen Angaben bisher 27 Todesopfer identifiziert: 19 Personen aus Großbritannien, drei aus Irland, zwei aus Deutschland, sowie je eine Person aus Belgien, Portugal und Russland. Die Londoner Regierung erklärte am Dienstag, die Zahl der getöteten Briten sei sogar auf 21 gestiegen. Neun weitere Opfer könnten auch aus Großbritannien stammen. Insgesamt wurden dem Gesundheitsministerium zufolge 39 Menschen verletzt.

Nach dem Anschlag rechnet Tunesien mit mindestens 515 Millionen Dollar (462,59 Mio. Euro) weniger Einnahmen aus dem Tourismus. Damit würde rund ein Viertel der Einkünfte des vergangenen Jahres wegbrechen. Das Geschäft mit Urlaubern stützt die Wirtschaft in Tunesien und sorgt für Arbeitsplätze sowie Devisen.

Keine "offiziellen Verhaftungen"

Die US-Regierung bekundete am Montagabend ihre Solidarität mit der jungen Demokratie in Nordafrika, wie es zuvor schon zahlreiche andere Staatsspitzen taten. US-Präsident Barack Obama habe "das tunesische Volk für sein Bekenntnis gelobt, in der Ablehnung von Terrorismus stark und geeint zusammenzustehen", teilte das Weiße Haus mit. Dem tunesischen Staatschef Beji Caid Essebsi sprach der US-Präsident seine "Anteilnahme und Unterstützung" aus. Er bot Essebsi die Hilfe der USA bei der Aufklärung des Anschlags vom vergangenen Freitag an.

In der aktuellen, gängigen Version zu den Ereignissen bei dem Terroranschlag am vergangenen Freitag nahe Sousse ist von einem Angreifer, der 38 Menschen erschossen hat, die Rede. Am gleichen Tagen hatten Quellen berichtet, ein zweiter mutmaßlicher Täter sei festgenommen worden. Später war von einem Schützen die Rede, dem 23-jährigen tunesischen Studenten Seif (Seifeddin) Rezgui, den Sicherheitskräfte töteten. Noch am Freitagabend sagte ein Sprecher vom Innenministerium, es gebe keine "offiziellen Verhaftungen" von weiteren Tatverdächtigen.

Die deutsche Urlauberin Birgit Z. ist überzeugt davon, dass es bei dem Terroranschlag mindestens zwei Angreifer gegeben hat. "Ich bilde mir doch nichts ein", sagte sie der "SZ", als die Münchnerin dem Blatt ihre Flucht vor dem Todesschützen vergangenen Freitag vom Strand ins Hotel schilderte – und hinter ihr offenbar plötzlich ein zweiter Angreifer auftauchte. Dem Bericht nach kann Z. es nicht fassen, dass jener nicht auf sie geschossen hat.

Rezgui hatte im Hotel und am Strand mit einer Kalaschnikow auf vor allem ausländische Touristen geschossen. Wie lange der Attentäter wüten könnte, bevor ihn die Polizei getötet hat, ist unklar. In einigen Agenturberichten ist die Rede von rund fünf Minuten. In anderen Quellen heißt es unter Berufung auf Augenzeugen, dass der Angreifer zwischen 30 und 40 Minuten Zeit gehabt hat, um seine Opfer zu töten. Am Montag tauchte auch ein elfminütiges Amateur-Video auf, das den Attentäter während der Bluttat zeigt.

Nach dem Anschlag will sich der Regional-Präsident der Lombardei, Roberto Maroni, an der Regierung in Tunis ein Beispiel nehmen. Bei Gefahr für die öffentliche Sicherheit sollen Moscheen in der Region geschlossen werden, sagte Maroni laut italienischen Zeitungsberichten vom Dienstag. (APA, 30.6.2015)