Chicago – Nur zwei kleine Änderungen im Erbgut haben aus einem relativ harmlosen Darmbakterium den gefährlichen Pesterreger gemacht. Das haben US-Wissenschafter anhand von genetischen Analysen und Versuchen mit Mäusen herausgefunden.

Wyndham Lathem und seine Kollegen von der Northwestern University Feinberg School of Medicine in Chicago untersuchten die Fähigkeiten verschiedener Pesterregerstämme, die Krankheit auszulösen. Über ihre Ergebnisse berichten sie in der Fachzeitschrift "Nature Communications".

Das Bakterium Yersinia pestis verursacht die lebensgefährliche Pest. Es hat sich aus dem Darmbakterium Yersinia pseudotuberculosis entwickelt, das Krankheiten im Verdauungstrakt auslösen kann, ohne einem Säugetier oder dem Menschen wirklich gefährlich zu werden. "Jedoch ist nicht bekannt, wann Yersinia pestis die Fähigkeit erwarb, eine fulminante Lungenentzündung zu verursachen", schreiben die Forscher.

Genetische Veränderung

Sie gingen von der Beobachtung aus, dass moderne Pesterreger in der Lage sind, das Enzym Pla herzustellen. Einige ältere Stämme, die noch in Wühlmäusen zu finden sind, können dies nicht. Dazu gehört Pestoides F, der bei Mäusen keine Lungenentzündung auslöst. Das Team um Lathem versetzte Pestoides F durch eine genetische Veränderung in die Lage, Pla zu produzieren. Prompt löste der Erreger Lungenentzündungen aus.

Umgekehrt nahmen die Mikrobiologen dem modernen Erreger CO92 die genetische Fähigkeit, Pla zu synthetisieren. CO92-Bakterien konnten sich zwar vermehren, aber in der Regel keine Lungenerkrankung erzeugen. Daraus schließen die Wissenschafter, dass das Oberflächenprotein Pla die entscheidende Rolle spielt bei der Frage, wie stark sich der Pesterreger in der Lunge vermehrt. Die Möglichkeit, Pla herzustellen, erhielt der Pesterreger durch ein Plasmid, einen ringförmigen Erbgutträger außerhalb der Chromosomen. (APA/dpa, 1.7.2015)