Wien – Neue Runde im ORF-internen Streit um die Anrechnung von Vordienstzeiten nach einem EU-Urteil, der den ORF zwölf Millionen Euro kosten könnte: Der Zentralbetriebsrat wirft der Geschäftsführung "Halbwahrheiten und Drohungen" vor. Sie versuche, "einen Keil in die Belegschaft zu treiben".

Die Geschäftsführung habe "den Weg des Gesprächs einseitig verlassen" und nicht der Betriebsrat, schreiben Vorsitzender Gerhard Moser und Vize Gerhard Berti den ORF-Mitarbeitern. Die Geschäftsführung habe entgegen ihren Angaben nur einen Vorschlag gemacht, den der Betriebsrat so zusammenfasst: "Zuerst solle der Zentralbetriebsrat einer massiv nachteiligen Änderung der Anrechenbarkeit von Vordienstzeiten in den bestehenden Vertragswerken zustimmen, dann wolle die Geschäftsführung auf dieser Basis den EuGH-Spruch umsetzen."

"Hochgradig manipulativ" und als "offene Drohung" verstehen sie, wie das ORF-Management die Konsequenzen aus dem EU-Entscheid beschreibt: Die Umsetzung würde die "Gehaltsscheren zwischen älteren und jüngeren MitarbeiterInnen, insbesondere aber zwischen Männern und Frauen" vergrößern, was zu "neuen Ungerechtigkeiten in der Gehaltssystematik des ORF" führen würde.

"Keil in die Belegschaft"

Der Betriebsrat räumt unterschiedliche Vordienstzeiten-Regelungen in den vielen ORF-Kollektivverträgen und Dienstvereinbarungen ein. Geschlechterdiskriminierung findet er "kühn", die beziehe sich "allein auf Präsenz- oder Zivildienst".

Der Betriebsrat: "Die Geschäftsführung versucht, wie schon mehrfach und erfolglos in den vergangenen Jahren, einen Keil in die Belegschaft zu treiben. Frauen gegen Männer, Altverträge gegen Neuverträge, Freie MitarbeiterInnen gegen Angestellte – jahrelang hat man das mit KV03 versus FBV/KV96 probiert, jetzt tut man es mit dem mühsam ausverhandelten KV14, der immerhin an die 300 Neuanstellungen gebracht hat, die ohne den intensiven Druck der Belegschaftsvertretung nie stattgefunden hätten. Das alles wird betrieben nach dem altrömischen Motto: "Teile und herrsche".

"Große Opfer"

Die Ankündigung neuer Sparpakete bei Umsetzung des EU-Entscheids sieht der Betriebsrat als "starker Tobak": "Wie man unter solchen Drohszenarien partnerschaftlich miteinander verhandeln, ja umgehen soll, kann der Belegschaft wohl niemand erklären."

Conclusio des Betriebsrats: "Die Belegschaft hat in den vergangenen Jahren große Opfer gebracht und damit gezeigt, wie wichtig ihr dieser ORF ist. Wichtig ist aber auch die Erfüllung gesetzlicher Rechte und Ansprüche. Um nichts anderes geht es in der aktuellen Auseinandersetzung, die jetzt leider vor Gericht stattfinden muss. Wir haben uns das so nicht gewünscht." (red, 3.7.2015)