Bild nicht mehr verfügbar.

Ein neues Gesetz erlaubt es, in Spanien verbrannte Waldflächen künftig zu Baugrund umzuwidmen. Opposition und Umweltorganisationen wittern eine absichtliche Schwächung des Umweltschutzes.

Foto: APA/EPA/IGNACIO IZQUIERDO

Für Umweltschutzorganisationen, Förster und die spanischen Oppositionsparteien ist sie der Gipfel: die Reform des "Berg- und Waldlandgesetzes", die der Partido Popular (PP) vor der Sommerpause mit seiner absoluten Mehrheit durch das Oberhaus des Parlaments winkte. Die Novelle öffne Tür und Tor zur Baulandspekulation: So können künftig Wald flächen, die von Bränden verheert wurden, zu Bauflächen umgewidmet werden.

Um Brandstiftung Einhalt zu gebieten, gilt derzeit landesweit ein Bebauungsverbot für 30 Jahre. Pünktlich zur Waldbrandsaison, die mit der andauernden, sengenden Hitze des iberischen Sommers einhergeht, ist die Umwidmung nun eine Leichtigkeit – und ein lukratives Geschäftsfeld. Forscher warnen in einer aktuellen Studie vor "steigenden und verheerenden Waldbränden in Portugal und Spanien" im Zusammenhang mit dem Klimawandel.

Verdreifachung der Verbrennungen

Jährlich soll sich die verbrannte Fläche auf der Iberischen Halbinsel laut einem in der Fachzeitschrift Agricultural and Forest Meteorology publizierten Text bis 2075 verdreifachen. "Ein Temperaturanstieg von drei bis vier Grad über die Sommermonate, einhergehend mit einem Rückgang der Niederschläge um bis zu 50 Prozent, würde signifikante Folgen zeitigen", meint Pedro Sousa, Co-Autor und Klimaforscher von der Universität Lissabon.

"Das Gesetz ist wie ein Benzinkanister für die spanischen Wälder und Berge", kritisiert der sozialistische Senator Pedro Antonio Ruiz (PSOE). Anstelle von Waldbrandprävention "fördere man die Brandstiftung für die Baulandspekulation". PP-Senatssprecher Vicente Aparici erachtet die Aufregung dagegen für übertrieben. Die Bebauung von Waldbrandflächen sei nur erlaubt, "wenn öffentliches Interesse" bestünde. "Etwa der Bau einer Bahntrasse oder einer Autobahn", heißt es aus dem Umweltministerium.

Spielregeln wie Straßenwalze

Schwammige Scheingarantien seien dies, wittert die Opposition, die rund 250 Abänderungsanträge einbrachte. Kein einziger wurde angenommen: "Der PP versteht demokratische Spielregeln wie eine Straßenwalze", klagt Miguel Fidalgo (PSOE).

Juantxo López de Uralde, Sprecher und Gründer der Grünpartei Equo, die bei den Kommunalwahlen Ende Mai vielerorts in Allianz mit Podemos Erfolge errang, sieht in der Novelle mehr: "Es ist eine Strategie zur Schwächung des Umweltschutzes." Schrittweise habe der PP Gesetze gekippt, aufgeweicht oder reformiert, wie López betont. Etwa bei der Legalisierung von Fracking: "Diese Regierung kehrt der ökologischen Krise, die in Spanien Realität ist, schlichtweg den Rücken zu."

Rechte werden reduziert

Weiters werden die Rechte der knapp 6400 Förster drastisch eingeschränkt. Sie agieren fortan nicht mehr unabhängig, sondern unter Führung der Exekutive oder des Militärs. Wie Rubén Paz von der sozialistischen Gewerkschaft Unión General de Trabajadores sagt, werde "der Schutz vor Waldbränden privatisiert und Förster zu Hilfsarbeitern degradiert".

Die Förstergewerkschaft feilt bereits an einer Verfassungsklage und wandte sich an die europäische Volksanwaltschaft. Sie hoffen, dass die EU wegen Madrids Verstoßes gegen eine EU-Richtlinie, die Verantwortung und Schadenswiedergutmachung im Umweltbereich regelt, aktiv wird.

Unnütz für Umweltschützer

Wie Greenpeace, WWF und andere Umweltschützer kritisieren, werde der Schutz der Ökosysteme drastisch verschlechtert. Theo Oberhuber, Kampagnenleiter der Ecologistas en Acción, erachtet die Novelle "als einen enormen Rückschritt für das Wald- und Bergland". Das Gesetz von PP-Umweltministerin García Tejerina sei "unnütz, negativ und diene in keiner Weise der Umwelt".

Für einen Stand hat die konservative Regierung aber ein Herz:_Die Jäger bekommen mehr Rechte. Zur Jagdsaison können Betretungsverbote ausgesprochen werden (Der Standard berichtete). Jesús Iglesias von der Linkspartei Izquierda Unida versteht dies als "Privatisierung und Kommerzialisierung" der Natur. (Jan Marot, 6.7.2015)