Thomas Gruber hat an großen Adressen gekocht, jetzt erfreut er Kärnten mit einem sehr speziellen Wirtshaus.

Foto: M. Corti

Bulgur und Mohn kommt als gefüllte Rolle in Torpedoform zu Tisch, die hauchdünnen Gurkenstreifen umschließen eine wunderbar kühle Creme von komplexer Frische.

Foto: M. Corti

Thomas Gruber war zuletzt ein paar Jahre in der Toskana, wo er für den deutschitalienischen Dreisterner Heinz Beck in einem zum Luxusresort umgebauten mittelalterlichen Dorf den Chefkoch machte. Davor kochte er im vielleicht speziellsten der zahllosen Luxushotels von Lech am Arlberg, dem Almhof Schneider. Alles andere als fade Adressen also – sein eigenes Restaurant aber wollte der Kärntner in der Heimat aufmachen.

Das mit einfachen Mitteln auf Stand gebrachte Straßenwirtshaus an der Ausfallstraße Richtung Klagenfurt hat einen straßenseitigen Garten im Schatten einer Segeltuchpergola, alles wirkt sehr ordentlich. Von dem, was am Wörthersee als exklusiv oder schick gilt, ist an diesem Ort aber nicht einmal in Spurenelementen etwas zu merken. Dafür werden die klassischen Wirtshaustraditionen hochgehalten: Mittwoch und Donnerstag sind Innereientage (dazu später mehr), Freitag und Samstag wird ganz frischer Fisch von Markus Payr aus Sirnitz, aber auch Irene Fondas legendärer Branzino aus der Bucht von Piran geliefert – und am Sonntag kommen durchgehend große Braten aus dem Ofen geschossen. Oft sind sie vom Schwein, wenn man Glück hat, kann es aber auch butterzart rosa Gebratenes vom Rehbock oder Lamm sein.

Denn der Mann kann auf eine Art kochen, dass sich etliche der Lounge-Buden am See eine massive Scheibe abschneiden könnten – und es wäre immer noch herausragend. Gurkensalat mit Rahmtopfen, Bulgur und Mohn etwa kommt als gefüllte Rolle in Torpedoform zu Tisch, die hauchdünnen Gurkenstreifen umschließen eine wunderbar kühle Creme von komplexer Frische, feinfühlig und doch entschlossen abgeschmeckt, mit zarten Minze- und Koriandernoten, geradezu exotisch in seiner Köstlichkeit.

Gebeizte Forelle aus dem Gurktal wird mit geräuchertem Spargel und Orangenmayonnaise kombiniert: Der Fisch in großzügigen Schnitten ist von ideal wächserner Konsistenz, saftig und klar im Geschmack. Die Mayo wirkt in ihrer milden Süße wie ein Podest, auf dem er diese Qualitäten souverän zum Ausdruck bringen darf. Auch der Spargel ist schön knackig, schade nur, dass der Rauchton sich auch mit viel Wohlwollen nicht wahrnehmen lässt.

Memorabel

Die Sensation sind dann aber ohnehin die gerösteten Kalbsnieren, in fein geschnittenen Scheiben sautiert und resch mit Wein abgelöscht, auf Frühkrautfleckerln und karamellisierten Zwiebeln gebettet. Klingt wie routinierte Wirtshausküche – die Balance zwischen der Säure des Saftls, der nur angedeuteten Erdenschwere der Nierndeln und den süßen Zwiebeln aber macht daraus ein wahrhaft memorables Gericht: Hat man noch Wochen später abgespeichert, will man immer wieder haben.

Ritschert gibt es auch, den herrlichen Koch aus Rollgerstl und Bohnen husst Gruber mit frischem Lustock – kärntnerisch für Liebstöckel – auf, dazu gibt's rosa gebratene Ente von einem Kärntner Züchter und ein paar Späne vom Almkäse. Sommer ist anders, wobei: In Kombination mit einem Chardonnay Löwengang von Alois Lageder aus Südtirol kommt dann ziemlich großartig die Sonne hervor.

Überhaupt ist die Weinkarte mit etlichen großen Wachauern, mit ein paar Naturweinen von Ploder-Rosenberg über Gut Oggau bis Georgium und, nicht zuletzt, mit gereiften Finessen aus Bordeaux und der Toskana auf eine Art aufgestellt, dass man es schnell bereut, sich nicht doch ein Zimmer im schicken Pörtschach genommen zu haben.(Severin Corti, Rondo, 10.7.2015)