Köln – In einem der größten Wirtschaftsstrafprozesse der vergangenen Jahre hat das Landgericht Köln die ehemalige Führungsriege der Privatbank Sal. Oppenheim wegen schwerer Untreue zu Haftstrafen verurteilt. Nur einer der vier angeklagten ehemaligen persönlich haftenden Gesellschafter muss aber ins Gefängnis – die anderen bleiben auf Bewährung frei. Auf zwei Jahre und zehn Monate Haft lautete das Urteil am Donnerstag für den 71-jährigen Friedrich Carl Janssen. Die Ex-Bankiers Christopher von Oppenheim, Matthias Graf von Krockow und Dieter Pfundt erhielten Bewährungsstrafen zwischen einem Jahr und elf Monaten und zwei Jahren. Die 16. große Strafkammer des Landgerichts blieb bei allen unter den Forderungen der Staatsanwaltschaft.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich die Angeklagten zahlreicher Pflichtverletzungen schuldig gemacht haben. In dem Verfahren ging es um die Beteiligung der Bank an einer Kapitalerhöhung an Arcandor sowie der Bewilligung von Millionenkrediten an den später pleite gegangenen Konzern und einen Immobiliendeal in Frankfurt. Die Angeklagten hätten Informations- und Prüfpflichten nicht wahrgenommen. Dadurch hätten sie zum Teil billigend in Kauf genommen, dass Sal. Oppenheim ein Vermögensschaden entstehen könnte. Diesen bezifferte das Gericht auf rund 100 Millionen Euro. "Die Kammer hat im Hinblick auf die Schadenshöhe in beiden Tatkomplexen jeweils eine Untreue in einem besonders schweren Fall angenommen", erklärte das Gericht.

Revision möglich

Das Verfahren in Köln dauerte über zwei Jahre, mehr als 100 Zeugen wurden gehört. Richterin Sabine Grobecker sprach von einem Kraftakt. "Wir hatten eine harte Zeit", beschrieb sie auch einige der Befragungen der Angeklagten. Sie zeichnete in der mehr als achstündigen Sitzung das zunehmende Engagement der Bank bei dem später pleite gegangenen Arcandor-Konzern im Detail nach.

Gegen die Entscheidung können die Verurteilten und die Staatsanwaltschaft binnen einer Woche Revision beim Bundesgerichtshof einlegen. Dass es keine Revision gibt, gilt als unwahrscheinlich. Die Staatsanwaltschaft hatte für alle vier ehemaligen Spitzenmanager Gefängnisstrafen gefordert. Christopher von Oppenheim, Nachfahre des Unternehmensgründers Salomon Oppenheim, hatte ebenso wie Matthias Graf von Krockow in dem Verfahren Fehlverhalten eingeräumt. Das Gericht würdigte positiv, dass die vier Banker nicht vorbestraft seien. Krockow und Oppenheim hielt sie zu Gute, dass sie sich umfassend geständig gezeigt hätten. Janssen habe die Taten hingegen bis zuletzt bestritten. Das Gericht betrachte ihn als "Dreh- und Angelpunkt" und "zentrale Figur" in dem Fall.

Janssen hatte in dem Verfahren unter anderem betont, er sei davon ausgegangen, "dass wir Arcandor erfolgreich sanieren können". Er war dort Aufsichtsratschef gewesen. Kerzengerade stehend und eingerahmt von seinen Anwälten stellte sich der ehemalige Risikovorstand von Sal. Oppenheim vor Prozessbeginn den Fotografen und Kamerateams. Die anderen Angeklagten warteten dagegen im Flur und kamen erst unmittelbar vor der Urteilsverkündung zurück in den Saal 210.

Bewährungsstrafen

Krockows Anwälte erklärten, dieser sei erleichtert, dass das Urteil ihm eine Lebensperspektive lasse. Es müsse aber erst eingehend geprüft werden, ehe über die Frage einer Revision entschieden werde. Oppenheims Anwälte hoben hervor, dass dieser von den vier Ex-Bankern die mildsteste Strafe erhalten habe. "Das entspricht seiner lange gezeigten Haltung und seinem Geständnis, dass er manchen Entwicklungen und Entscheidungen nicht energisch entgegengetreten ist."

Krockow und Pfundt erhielten Bewährungsstrafen von je zwei Jahren, Oppenheim von einem Jahr und elf Monaten. Krockow, Oppenheim und Pfundt müssen auch je 300.000 Euro an gemeinnützige Organisationen zahlen. Der fünfte Angeklagte, der Immobilienunternehmer Josef Esch, muss wegen unerlaubten, fahrlässigen Betreibens von Bankgeschäften 495.000 Euro zahlen. Bei ihm war es – anders als bei den Ex-Bankiers – zuletzt nur noch um Verstöße gegen das Kreditwesengesetz gegangen. Dabei stand ein Großkredit an die ehemalige Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz im Mittelpunkt. Als Arcandor im Frühjahr 2009 zusammenbrach, geriet auch Sal. Oppenheim in Schwierigkeiten. Die Privatbank wurde letztlich von der Deutschen Bank aufgefangen. (Reuters, 9.7.2015)