Havanna – Erstmals seit Beginn ihrer Friedensverhandlungen mit der FARC-Guerilla vor knapp drei Jahren hat die kolumbianische Regierung eine Verringerung ihrer Militäreinsätze gegen die Rebellen zugesagt. Beide Seiten einigten sich auf eine viermonatige "Deeskalation" ihres Konflikts ab dem 20. Juli, wie die Garantiestaaten der Friedensverhandlungen, Norwegen und Kuba, am Sonntag in Havanna mitteilten.

Zuvor hatten die FARC-Rebellen bereits eine einmonatige einseitige Waffenruhe ausgerufen. Die kolumbianische Regierung werde "einen Prozess der Deeskalation der Militäreinsätze in Gang setzen", hieß es in einer gemeinsamen Erklärung, die der norwegische Diplomat Dag Nylander verlas. In einem weiteren Teil der Erklärung, der von dem kubanischen Diplomaten Rodolfo Benítez verlesen wurde, hieß es, die beiden Konfliktparteien hätten "beschlossen, alle notwendigen Anstrengungen zu unternehmen, um ohne Verzögerung die Unterzeichnung einer abschließenden Vereinbarung herbeizuführen".

Gemeint ist ein dauerhafter beiderseitiger Waffenstillstand. Die Verhandlungspartner wollen die UNO und die Union Südamerikanischer Nationen (UNASUR) bitten, sich an der Überwachung der Deeskalation zu beteiligen. Am Mittwoch hatten die FARC-Rebellen eine Waffenruhe ab Montag kommender Woche angekündigt. Ab diesem Tag will nun auch die kolumbianische Regierung ihre Militäreinsätze einschränken.

Der kolumbianische Staatschef Juan Manuel Santos sagte in Bogotá, seine Regierung werde genau beobachten, ob die FARC-Rebellen ihre Zusagen einhielten. Davon hänge ab, ob seine Regierung in vier Monaten die Fortsetzung der Friedensverhandlungen befürworte. Zugleich begrüßte Santos die Fortschritte. Er sehe nun "deutlich das Licht am Ende des Tunnels und das erfüllt mich mit Vertrauen und Hoffnung", sagte der Staatschef.

Der FARC-Verhandlungsführer, Iván Márquez, erklärte, die Vereinbarung sei ein "ein starker, viel versprechender und hoffnungsvoller Neustart". Der kolumbianische Verhandlungsführer Humberto de la Calle erklärte, mit der Vereinbarung einer Deeskalation solle "das Vertrauen der Kolumbianer in den Friedensprozess" gestärkt werden. Auch wenn die Regierung ihre Militäreinsätze gegen die Rebellen zurückfahre, werde sie weiterhin die Bevölkerung beschützen.

Die kolumbianische Regierung und die FARC-Rebellen führen seit November 2012 Friedensgespräche in Havanna. Bei den Verhandlungen gab es bereits in drei von sechs Punkten Einigungen zwischen beiden Seiten, zuletzt wurden aber kaum noch Fortschritte erzielt.

Die Rebellen hatten bereits im Dezember eine einseitige Waffenruhe ausgerufen, töteten im April jedoch in einem Hinterhalt elf Soldaten. Staatschef Santos ordnete daraufhin eine Wiederaufnahme der Luftangriffe auf mutmaßliche Stellungen der Rebellen an. Diese weiteten ihrerseits die Angriffe auf Sicherheitskräfte aus. Ende Mai beendete die FARC-Guerilla die einseitige Waffenruhe offiziell.

Die Revolutionären Streitkräfte Kolumbiens (FARC) kämpfen seit einem halben Jahrhundert gegen den Staat und Großgrundbesitzer. In dem längsten Konflikt Lateinamerikas wurden bei Kämpfen zwischen linken Guerilleros, rechten Paramilitärs, Drogenkartellen und den staatlichen Sicherheitskräften etwa 220.000 Menschen getötet und mehr als sechs Millionen weitere aus ihren Häusern vertrieben. (APA, 12.7.2015)