Belgrad – In den 1990er Jahren war er das Symbol des Widerstandes gegen das linksnationalistische Regime von Slobodan Milosevic, nun ist B-92 über Nacht zu einem Musiksender geworden. Mit 9. Juli verschwanden alle Nachrichten- und Wortsendungen aus dem Programm des legendären Radiosenders. Am selben Tag wurden die solcherart überflüssig gewordenen Journalisten vom Jobverlust informiert.

Die meisten Journalisten waren von der per E-Mail mitgeteilten Kündigung völlig überrascht, heißt es aus gut informierten Quellen. Der Ende der 1980er Jahren von einer Jugendorganisation gegründete Sender befindet sich laut verfügbaren Daten im Besitz der Astanka Holding, die vor Jahren von einem schwedischen Investitionsfonds und der griechischen Lake Bade Holding gebildet worden war.

Wegen seiner Nachrichtensendungen hatte B-92 vor Jahren eine landesweite Sendegenehmigung erhalten. Jetzt gibt es auch auf B-92 landesweit nur noch Musik, so wie bei den rund 200 anderen serbischen Privatradios.

Für viele Einwohner Belgrads war B-92 in den 1990er Jahren zu einer Institution geworden, die auch über Themen informierte, die dem Milosevic-Regime unlieb waren. Mehrmals wurde der Sender vorübergehend geschlossen. Im Verlauf der Dauerproteste im Winter 1996/97 wurde das Sendeverbot vom damaligen Informationsminister Aleksandar Tijanic gar mit "Wasser in Kabeln" erläutert. Zu Beginn der NATO-Luftangriffe gegen Serbien im Frühjahr 1999 wurde der Sender von regimetreuen Journalisten besetzt.

Die Mitarbeiter des "echten" Senders konnten ihr Programm damals mit Unterstützung der von der Opposition kontrollierten Belgrader Stadtverwaltung im Rahmen des Stadtsenders Studio B weiterproduzieren, bis es wieder zu einem Verbot kam. Der ursprüngliche Sender nahm Anfang Oktober 2000, am Tag des Sturzes von Präsident Milosevic, wieder seinen Betrieb auf. (APA, 16.7.2015)