Wien – Der von Telekom-Investor und -Aufsichtsratsmitglied Ronny Pecik lancierte Kapitalbedarf im Volumen von 1,5 Milliarden Euro für die Telekom Austria (TA) dürfte etwas tiefgestapelt sein. In Kreisen des österreichischen Finanzministeriums ist gar von zwei Milliarden Euro die Rede, die der mexikanische Großaktionär América Móvil (Amov, hält knapp 60 Prozent an TA; Anm.) dem teilstaatlichen Telekom-Marktführer zuführen wolle. Diesen Betrag nennen Insider unter Berufung auf Angaben aus dem für die Beteiligungsverwaltung der TA-Anteile (28,4 Prozent) zuständigen Ministerium. Auch bei Mitgliedern des Telekom-Aufsichtsrats, der mit einer Kapitalaufstockung noch nicht befasst wurde, ist von dieser Größenordnung die Rede.

Passive Privatisierung

Allein dieses Ansinnen bringt Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) einigermaßen in die Bredouille, müsste er doch je nach Kurs der TA-Aktie 500 bis 600 Millionen Euro in die Hand nehmen, um den Staatsanteil an der TA auf 28,4 Prozent zu halten. Kaufte die Republik nicht zu, was angesichts der angespannten Budgetsituation naheliegt, sondern ließe den Staatsanteil verwässern, wäre das eine Art passive Privatisierung in Form einer Abschichtung des Staatsanteils, was wohl Stoff für innenpolitischen Wirbel hergibt, hat sich die Kanzlerpartei SPÖ doch stets gegen Abverkauf starkgemacht.

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Über die Telekom kann Onlineglücksspiel nicht über den PC laufen, sondern auch mobil mit dem A1-Smartphone.
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Die Entscheidung für das Abschichten könnte Schelling deutlich erleichtert werden. Kolportiert wird von mit der Materie befassten Personen nämlich eine Art "Gegendeal": Zieht die staatliche Beteiligungsverwaltung Öbib bei einer Kapitalerhöhung nicht mit und kann der kontrollierende Aktionär Amov seine Kontrolle über die TA ausbauen, könnte das Imperium des Milliardärs Carlos Slim, zu dem Amov gehört, im Gegenzug den Staatsanteil an der Casinos Austria AG übernehmen.

Spiel mit Casinos

Ein Abgesandter des unter Grupo Carso firmierenden Konglomerats des Milliardärs Carlos Slim, zu dem Telekomfirmen ebenso zählen wie Bau-, Energie- und Industrie betriebe, habe bereits Interesse sowohl am Staatsanteil an der Casinos signalisiert als auch an den von Banken, Versicherungen und MTB Privatstiftung gehaltenen Mehrheitsanteil an Casinos. Über den Rückkauf letzterer 66 Prozent verhandelt das Ministerium, die verkaufswilligen Casinos-Aktionäre qualifizieren die von Schelling offerierten 350 Millionen Euro als unzureichend.

Im Finanzministerium gab es am Sonntag zu einer allfälligen Kapitalerhöhung keine Stellungnahme, es liege kein Antrag vor. Gespräche betreffend den Casinos-Anteil stellte eine Sprecherin in Abrede.

Noch lauscht Alejandro Plater (links) den Worten des scheidenden Telekom-Chefs Hannes Ametsreiter. In wenigen Tagen gibt er allein den Ton an – möglicherweise sogar als neuer CEO.
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Ob den Anbietern aus Mexiko das Glück hold ist, ist nicht überliefert. Gut möglich, dass dabei auch die anstehende Nachbesetzung des TA-Generaldirektors eine Rolle spielt. Wie berichtet, prüfen die Eigentümervertreter im Finanzministerium die Vor- und Nachteile einer Nicht-Nominierung des Vorstandschef. Der Posten steht Österreich laut Syndikatsvertrag zu. Als CEO-Kandidat wird der für das operative Geschäft zuständige, vom Amov entsandte Vorstandsdirektor Alejandro Plater genannt.

Glück im Mobilfunk

Klar ist freilich, dass so ein Casinos-Angebot Charme hat, denn Glücksspiel und Mobilfunk gelten im Digitalgeschäft als siamesische Zwillinge. Mit A1 und Ablegern in acht Ländern in Südosteuropa wäre die TA für América Móvil ideale Basis für ein Online-Glücksspiel-Netz.

Die von Amov angestrebte Kapitalerhöhung hingegen kommt zur Unzeit. Erst im November wurde das Kapital der TA um eine Milliarde Euro aufgestockt. Die Republik kostete die Wahrung ihrer zwischenzeitlich eingeschränkten Rechte 280 Millionen Euro.

Genügend Geld in der Kasse

Der nun geäußerte Geldbedarf ist umstritten. "Ich glaube nicht, dass das Unternehmen mehr Kapital braucht", betonte Amov-Finanzchef Carlos García Moreno am Freitagnachmittag in einer Telefonkonferenz. Er sitzt auch im Aufsichtsrat der TA. Um das Tagesgeschäft adäquat zu führen, habe die TA genug Kapital. Wäre da nicht Serbien, wo die Regierung die 2011 gestoppte Teilprivatisierung der Telekom Srbija wieder in Angriff nimmt. Vor vier Jahren hatte die TA für 31 Prozent aus Staatsbesitz und 20 Prozent von der im Einfluss der Deutschen Telekom stehenden griechischen OTE 800 Millionen Euro in Cash geboten, weitere 300 Millionen wollte sie über neun Jahre abstottern. Die Regierung in Belgrad wollte mindestens 1,4 Milliarden Euro. (ung, 20.7.2015)