In Traiskirchen liegen hunderte Menschen unter freiem Himmel. Ein unhaltbarer Zustand. Neben den vielen anderen Bemühungen Quartiere zu schaffen, bis hin ins 650 km entfernte Vorarlberg, wurde nun auch 140 km entfernt eine Unterbringung gefunden. In der Slowakei, einem EU-Mitgliedsland, Teil des Schengenraums. Ein friedliches Nachbarland Österreichs.

Aus Sicht des Niederländers Robert Visser, Direktor der europäischen Asylagentur, "ein gutes Zeichen europäischer Solidarität, wenn ein Nachbar einem Mitgliedsstaat, der Kapazitätsprobleme hat, zur Hilfe kommt [...] Das ist ein Weg, den viele Staaten einschlagen könnten und auch sollen."

Und wie sieht man das in Österreich? Der Generalsekretär von amnesty international-Österreich empfindet "angewidertes Entsetzen". Und die Grünen schimpfen darüber, dass "die neoliberale Logik, dass alles ständig billiger werden muss, also nun auch vor Menschenrechten nicht haltmacht".

Zur Erinnerung: Wir haben in Österreich derzeit ein Unterbringungsproblem. Nein, das ist kein Sommertheater. Und es geht hier um 500 Flüchtlinge mehr, die wir von der Wiese oder dem Zelt in ein festes Quartier bringen können. Neoliberal?

Der Reflex der österreichischen Empörungsspezialisten ist schon länger legendär. Aber hier wurde doch wieder Besonderes geleistet.

Vor zwei Wochen hat Innenministerin Mikl-Leitner im Ö1-"Morgenjournal" über die (augenscheinlichen) Beweggründe für die österreichisch-slowakische Kooperation berichtet: "Bis am Weg dorthin (nämlich zur nachhaltigen, fairen EU-Quote, Anm.) geht es darum, dass unsere Nachbarstaaten auch mehr an Verantwortung übernehmen in Form von bilateralen Abkommen. Sie wissen, dass wir in Österreich derzeit Notkapazitäten aufbauen, dass wir massive Unterbringungsprobleme haben und die Slowakei ist bereit, uns Unterkünfte zu gewähren." Denn: "Die Lage in Traiskirchen ist unerträglich."

So weit also zum Grund der Kooperation.

Wenige Stunden später beim Innenministerrat in Luxemburg wurde der Ministerin die Frage gestellt, die Journalisten bei solchen Kooperationen (verständlicherweise) besonders unter den Nägeln brennt: "Was kostet das?" Darauf Mikl-Leitner: "Die Unterbringung und die Versorgung übernimmt die Slowakei und Österreich zeichnet für die Betreuung inklusive der Sozialbetreuer verantwortlich." Konkrete Zahlen wollte sie auf Nachfrage noch nicht nennen. Nur: "Für Österreich wird es unter dem Strich billiger."

So weit also zu den Kosten.

Die Empörungsspezialisten empfinden nun darüber angewidertes, antineoliberales Entsetzen, dass eine vernünftige (kleine) Lösung und ein positives (starkes) Signal in Richtung mehr Solidarität zwischen europäischen Nachbarn, nicht zumindest gleich viel Kosten für Österreich verursacht. Nur eine teure Lösung ist also eine gute Lösung?

Dabei stellt sich dann doch die Frage, ob es den Entsetzten etwa eher darum geht, Steuergeld möglichst schnell und in großen Mengen fließen zu lassen, als Flüchtlinge möglichst vernünftig zu versorgen.

Für zusätzliche Polarisierung hat diese seltsame Empörung jedenfalls gesorgt. Und die politischen Ränder klatschen dankend in die Hände. (Hermann Muhr, 22.07.2015)