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Kurz bevor Papst Paul V. (1552-1621) verstarb, erhielt Bernini den Auftrag für diese in Marmor ausgeführte Porträtskulptur, die das Getty Museum jetzt erwarb. Die Büste galt als verschollen, bis sie 2014 unerkannt in einem Auktionshaus in Bratislava auftauchte.

Foto: Getty Museum, Sotheby's

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Profilansicht der Büste, die nun für 33 Millionen Dollar im Getty Museum (Los Angeles) eine neue endgültige Heimat fand.

Foto: Getty Museum/Sotheby’s

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1893 erwarb ein unbekannter Wiener Sammler das Porträtbildnis bei einer Auktion (hier Katalogabbildung).

Foto: Getty Museum

Es ist ein Deal, von dem jeder Kunsthändler träumt, der in dieser Größenordnung jedoch so (un)wahrscheinlich wie ein Lottogewinn bleibt. Vorweg, die Identität des Glücklichen ist nicht bekannt, lediglich, dass er slowakischer Herkunft ist und im Herbst vergangenen Jahres eine Trouvaille entdeckte, die ihm jetzt ein veritables Vermögen bescherte.

Es geht um eine von Gian Lorenzo Bernini (1598-1680) geschaffene Büste von Papst Paul V. (1552-1621), die vor kurzem über einen von Sotheby's vermittelten Private Sale im Getty Museum (Los Angeles) eine neue Heimat fand. Dabei handelt es sich um das allererste offizielle Papst-Porträt, das der 22 Jahre junge und später legendäre Barockkünstler schuf.

Den Auftrag hatte er von Kardinal Scipione Borghese, dem Neffen des Pontifex, erhalten. Die Fertigstellung, ist Johann Kräftner (Direktor Liechtenstein Collections) überzeugt, erfolgte nach dem Tod des Papstes im Jänner 1621 in der Werkstatt des Bildhauers. Dafür spreche die überaus penible Ausarbeitung des einer Stickerei nachempfundenen Ornaments der Robe: "Wie ein Spitzendeckerl", eine fantastische Arbeit, insgesamt jedoch "zu stereotyp und ohne den künstlerischen Zugang", der für Bernini charakteristisch sei, lautet Kräftners Urteil.

Falsche Zuschreibung

Bis 1893 blieb das marmorne Konterfei Papst Paul V. im Besitz der Familie. Aus Geldnot ließ diese einige Kunstwerke versteigern, darunter auch die Büste, die damals fälschlicherweise dem Bernini-Zeitgenossen Alessandro Algardi zugeschrieben worden war. Laut einem Kunsthistoriker, der sie 1917 auf Bernini revidierte, sei sie damals von einem Wiener Sammler erworben worden. Danach verlor sich die Spur und wähnten nachfolgende Forschergenerationen das Werk als verschollen, wenn nicht zerstört.

Im Statens Museum for Kunst (Kopenhagen) blieben lediglich Archivalien der ursprünglichen Beauftragung und ein Abguss Sebastiano Sebastiani von 1622 erhalten. 2008, als das Getty Museum Bernini erstmals mit einer umfassenden Ausstellung würdigte, war die Existenz der Büste nur über die Abbildung des Auktionskataloges von 1893 dokumentiert worden.

Tatsächlich hatte sie jedoch zwei Weltkriege unbeschadet überstanden und war zuletzt im Besitz eines in Bratislava ansässigen Kunstmalers namens Ernest Zmeták (1919-2004). STANDARD-Recherchen zufolge übergaben dessen Erben dem auf Klassische Moderne spezialisierten Auktionshaus Soga (Bratislava) einige Objekte aus dem Nachlass zur Auktion.

Lückenhafte Provenienz

Darunter die einem Bernini-Nachfolger zugeschriebene Papst-Büste, die im Dezember 2013 bei einem Schätzwert von 47.000 Euro unverkauft blieb. Im September vergangenen Jahres drehte sie dort eine zweite Runde im Auktionssaal, ergänzt um eine Datierung ("um 1880") und zum reduzierten Wert von 24.000 Euro. Und um diesen Preis (netto, exkl. Aufgeld) erwarb sie eingangs erwähnter Kunsthändler. Einige Nachforschungen später entpuppte sich eine anfängliche Vermutung zur Gewissheit und bahnte sich hinter den Kulissen des internationalen Kunstmarktes ein Match um diesen gewinnbringenden Deal an.

Ja, auch ihm sei dieser Bernini angeboten worden, bestätigt Kräftner. Nachsatz: "Wir haben dankend abgelehnt." Nicht wegen des veranschlagten Preises, der etwa auf dem Niveau des im Dezember 2014 bei Christie's (New York) versteigerten Bacchus von Adriaen de Vries (rd. 28 Mio. Dollar bzw. 22,5 Mio. Euro) gelegen sei. Vielmehr entsprach Berninis Papst nicht der gesuchten Qualität und habe die Provenienz aufgrund ihrer offensichtlichen Lückenhaftigkeit irritiert.

Denn der Verbleib der Skulptur in den Jahren von 1893 an, etwa auch rund um den Zweiten Weltkrieg, scheint bislang nicht rekonstruierbar. Selbst der Name des Wiener Sammlers, der sie einst besaß, ist bis heute unbekannt, auch wann das Stück nach Bratislava übersiedelte. Die Frage, wie Ernest Zmeták in ihren Besitz kam, blieb ebenso ungeklärt.

Juristisch kaum anfechtbar

Dem Vernehmen nach verliefen Recherchen seitens Sotheby's (u. a. in Wien) ergebnislos, fanden sich weder nähere Hinweise noch Verdachtsmomente. Und während das Getty Museum nun stolz seine Neuerwerbung der Öffentlichkeit präsentiert, dürfte der unbekannte Kunsthändler angesichts seiner Investition im Glück schwelgen: Denn das Getty Museum soll für den Bernini 33 Millionen Dollar oder umgerechnet etwas mehr als 30 Millionen Euro (inkl. Prämie des Auktionshauses) bezahlt haben.

Pech für die Nachfahren Ernest Zmetáks, die sich abzüglich der Provision des Auktionshauses mit etwa 20.000 Euro zufriedengeben müssen. Wiewohl der Vorwurf mangelhafter Recherche bei Sorga im Raum steht, wird es daran juristisch wohl nichts zu rütteln geben. Das legen Gerichtsurteile in vergleichbaren Fällen nahe, die kleinere Universalversteigerer – im Gegensatz zu renommierten Häusern – nicht in der Verantwortung sehen, über Spezialkenntnisse zu verfügen oder externe Experten zu konsultieren.

Kein Schadensersatzanspruch bei Verkauf unter Wert entschied deshalb vergangenes Jahr etwa auch das Oberlandesgericht München in der mittlerweile schon legendären "Vasenteppich"-Causa: Die Klägerin hatte im Herbst 2009 einem Augsburger Auktionshaus einen Teppich zur Versteigerung übergeben, der für 19.700 Euro den Besitzer wechselte. Ein halbes Jahr später war der nunmehr in das 17. Jahrhundert datierte und als iranischer Vasenteppich identifizierte bei Christie's in London neuerlich zum Aufruf gelangt und hatte stattliche 7,2 Millionen Euro erzielt. Des einen Freud blieb auch hier des anderen Pech. (Olga Kronsteiner, Album, 24.7.2015)