Im Bild: das "Kino unter Sternen" auf dem Karlsplatz.

Foto: Kino unter Sternen

Wien – Wer nutzt welche Kulturangebote in Wien und wodurch wird kulturelle Beteiligung gefördert oder gehemmt? Dieser Frage geht eine Studie des Sozialforschungsinstituts Sora im Auftrag der Stadt Wien nach. Aufbauend auf früheren Arbeiten wurden 4.000 Interviews mit in Wien lebenden Personen ab 15 Jahren neu ausgewertet. Mit teils überraschenden Ergebnissen.

Laut der Studie nahmen 94 Prozent der Wienerinnen und Wiener in den vergangenen zwölf Monaten mindestens einmal an einem der abgefragten Kulturangebote (Kino, Theater, Ausstellungen, Konzerte, Bezirksfeste, Lesungen) teil. Am beliebtesten sind Musikveranstaltungen und Kinos, die von mehr als 70 Prozent mindestens einmal besucht wurden, Theater und Ausstellungen kamen auf 60 Prozent. Am wenigsten entfiel auf Bezirksfeste und Lesungen (40 Prozent).

Zwei Drittel der Befragten gaben dem Kulturangebot in Wien die Note "sehr gut" oder "gut". Allerdings zeigten sich 44 Prozent unzufrieden mit dem Angebot in ihrem unmittelbaren Wohngebiet. Während Bewohner der Bezirke 10 bis 23 im annähernd gleichen Ausmaß unzufrieden waren, gaben sich Bewohner der Bezirke 1 bis 9 mehrheitlich zufrieden.

Deutliche Unterschiede zeigten sich nach Alter: So seien unter 30-Jährige überdurchschnittlich kulturaktiv, während die Aktivitäten mit zunehmendem Alter weniger würden. Entscheidend sei aber vor allem die soziale Herkunft. Befragte aus einem bildungsnahen Elternhaus zeigen sich in der Studie grundsätzlich kulturaktiver. Bereits ein Elternteil mit Matura habe erheblichen Einfluss auf die Kulturaktivität der Kinder. Mit der Bildung steige aber auch die politische Partizipation und die Lebenszufriedenheit.

Auch Klischees bestätigt

Überrascht haben die Studienautoren die Ergebnisse der Befragten mit Migrationshintergrund. Während Migranten der ersten Generation zu den am wenigsten teilhabenden Bevölkerungsgruppen zählen, seien Migranten der zweiten Generation insgesamt sogar etwas kulturaktiver als Personen ohne Migrationshintergrund. "Der Besuch von kulturellen Angeboten wird von Migranten als Möglichkeit, Neues kennenzulernen, den eigenen Horizont zu erweitern oder auch zur Integration im Sinne der Teilhabe an der österreichischen Kultur gesehen und genutzt", so die Autoren.

In die Studie eingeflossen ist auch eine EU-weite Befragung aus dem Jahr 2013. Hier zeigte sich, dass in Österreich deutlich mehr Personen Theater und Konzerte besuchen als im EU-Durchschnitt. Beim Besuch öffentlicher Bibliotheken und dem Konsum von Kultursendungen in TV und Radio liegen die Österreicher hingegen unter dem EU-Schnitt. Generell ist der Anteil von Personen mit geringer Kulturteilhabe in Österreich mit 38 Prozent höher als im EU-Vergleich (34 Prozent).

Bei den Detailergebnissen scheinen sich auch altbekannte Klischees zu bestätigen. So werde Oper nach wie vor als elitäre Kunstgattung verstanden und von der breiten Bevölkerung entsprechend wenig wahrgenommen. Dass Frauen im Vergleich zu Männern kulturaktiver wären (wie frühere Studien oft gezeigt haben), konnte man nicht bestätigen. Unterschiede zeigten sich aber in der Art der Aktivität: Während es Frauen öfter ins Theater und zu Ausstellungen zieht, gehen Männer lieber ins Kino und auf Festivals, so die Studie. (Stefan Weiss, 27.7.2015)