Oft sitzt er an lauen Sommerabenden noch schweigend vor Margrethe von Dänemark. Meist raschelt der Wind dann ein wenig in der Buchsbaumhecke, und häufig hoppelt ein Kaninchen vorbei. Dann holt er schnell noch etwas Wasser für Queen Elizabeth und schaut zu, wie die Bienen in den Kelchen der Blüten tanzen, bis die Sonne über dem Kalmarsund endlich untergeht und sich die kurze Nacht über Schloss Solliden senkt. Danach zupft sich der freundliche Mann das sandfarbene Hemd mit der stilisierten Schloss-Silhouette als Logo zurecht, stellt die Gießkanne ab und schlendert ein paar hundert Meter bis nach Hause.

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Schloss Solliden

Stefan Andersson-Junkka ist der Gärtner des Königs und kümmert sich um die Parkanlagen des Sommerschlosses der schwedischen Regentenfamilie auf der Ostseeinsel Öland. Besonders liebevoll geht er mit den Rosenzüchtungen um, die der König über die Jahre geschenkt bekommen hat. Viele sind benannt nach Amtskolleginnen: Margrethe von Dänemark blüht in Weiß, Queen Elizabeth in Rosa.

Auf keinen Fall soll mit ihnen geschehen, was mit einer Rose namens Kronprinzessin Victoria von Schweden passierte. Davon ist im ganzen Park nur noch ein Exemplar übrig. Es ist um die 25 Jahre alt, neue sind beim Züchter nicht mehr lieferbar. Was für ein Glück, das die Namensgeberin sich, so weit bekannt, bester Gesundheit erfreut und vor drei Jahren eine Thronfolgerin in die Welt gesetzt hat. Eine passende Rose für Estelle Silvia Ewa Mary, Herzogin von Östergötland, steht jedenfalls noch aus. Müssen Majestäten auf Solliden zurechtgestutzt werden, darf Stefan Andersson-Junkka sich diese Freiheit nehmen. Margrethe und Elizabeth danken es ihm – und stehen bis in den Herbst hinein in voller Pracht.

Hofstaat mit Hündin

Schloss Solliden ist seit mehr als einem Jahrhundert so etwas wie die Sommerfrischeresidenz der schwedischen Könige. Kurz vor Mittsommer reisen König Carl Gustaf und Königin Silvia meist mit einem Hofstaat aus Köchen, Hauspersonal, Adjutanten und mit Hündin Sila an und bleiben bis Mitte August. Die schönsten Wochen des Jahres verbringen sie auf Öland, dieser 137 Kilometer langen und nur maximal 16 Kilometer breiten Insel, die seit 1973 durch eine Brücke über den Kalmarsund mit dem Festland verbunden ist. Die Hauptstadt Stockholm ist etwa drei bis vier Autostunden entfernt.

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Die Parkanlagen des Schlosses

Das Sommerschloss gibt es seit 1906 – errichtet auf Geheiß der seinerzeitigen schwedischen Königin Victoria, die die Winter wegen eines Lungenleidens stets in Italien verbringen musste und während eines Öland-Besuchs begeistert ausrief: "Hier kann ich atmen!" Praktisch, dass kein anderer Ort in Schweden in der Statistik mehr Sonnenstunden ausweist. An Ort und Stelle ließ sie ein weißes Gebäude errichten. Macht nichts, dass es eher aussieht wie eine Villa am Gardasee als eine skandinavische Residenz. Vorbild war angeblich ein Haus auf Capri.

Privatsache Tennis

Seit 1930 sind die Parkanlagen von Mitte Mai bis Mitte September öffentlich zugänglich – eine Tradition, die Carl Gustaf beibehalten hat und die ihm offenbar Spaß bereitet: 70.000 Besucher schlendern in dieser Zeit auf den Sand- und Kieswegen zwischen den Rabatten entlang, schauen bei Margrethe und Elizabeth vorbei, die durch Namenschilder kenntlich gemacht sind, um Verwechslungen zu vermeiden. Niedrige Hecken unterteilen die Gärten in Themenbereiche, und wo Koniferen plötzlich alles überragen, tun sie es, um nicht allzu viel Einblick auf den eingebetteten königlichen Tennisplatz zu ermöglichen.

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Dieses knallrote Gemüse bereitet dem Gärtner der schwedischen Königsfamilie keine Arbeit. Es steht als solitäres Kunstwerk im Park von Schloss Solliden auf Öland.
Foto: picturedesk/Action Press

Sechs Gärtner kümmern sich während des Sommers um das Anwesen, über die meisten "Mitarbeiter" hat aber Karl Erik Persson das Kommando: 50.000 Bienen schwärmen auf Geheiß des königlichen Imkers in den Gärten von Solliden aus, um zusammenzutragen, woraus im Jahr gut 400 Gläser Honig für den Eigenbedarf werden. Gibt es ausnahmsweise einmal Überschuss, wird er im Souvenirshop des Schlosses verkauft. Wie der Honig schmeckt? "Königlich", sagt Andersson-Junkka.

Die Gärten von Solliden zählen zu einer der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Schwedens. Dabei sind nur knapp acht Hektar des Grundstücks öffentlich, während weitere 82 der Allgemeinheit unzugänglich bleiben. Der Bereich mit den Gewächshäusern zählt dazu, mit einem Hühnerstall, mit 250 Apfelbäumen und mit dem Nutzgarten, wo Silvias geliebter Spargel angebaut wird – und von wo die königlichen Tomaten stammen, die im Café des Schlosses die Salate krönen. Nur das mitten in der Wiese und vor einer Gartenhütte liegende knallrote Gemüse bereitet dem Gärtner keine Arbeit – so wie auch ein Revolver mit dem Knoten im Lauf gehört es zur Skulpturensammlung der königlichen Familie im Park.

Blumenkisten statt Gärten

Ein Grundstück auf dem Grundstück gibt es auch noch, ein mit einem weißen Zaun abgetrenntes Areal mit einem Häuschen und Blumenkisten unter den Fenstern: das private Reich von Stefan Andersson-Junkka. Hier wohnt der Gärtner des Königs mit seiner Familie – nach sechs Uhr abends in größter Stille.

Eine alte Windmühle auf Öland
Foto: Tina Stafrén/imagebank.sweden.se

Dass er seinen Chef und die Chefin gerne mag, ist aus jedem Satz herauszuhören. Und es ist ihm nicht mehr als ein Lächeln zu entlocken, wenn es ums Persönliche geht, um den Umgang mit König und Königin. Drei Worte nur spricht er, wann immer eine Grenze überschritten wird: "Das ist privat." Kein barsches Wort über die Fragerei, alles legitim – aber genauso legitim ist es, manches nicht zu erzählen. So loyal ist nur ein Freund. Gut 1.600 Juli- und August-Abende hat der Gärtner hier seit Dienstantritt vor einem Vierteljahrhundert verbracht.

Royale Traktorfahrt

Andersson-Junkka lebt mit seiner Familie das ganze Jahr über auf dem Gelände. Denn einer muss ja auch im Winter ab und zu nach Margrethe und Elizabeth schauen. Schlossvogt Leo Eriksson ist dagegen ein paar Kilometer von hier in der Ortschaft Borgholm zu Hause. An Sommertagen ist die Königsfamilie durchaus auch in den öffentlichen Gärten unterwegs – ganz ohne Scheu. Oft werden sie ohnehin übersehen, weil sie so unprätentiös auftreten. Was die meist schwedischen Besucher auch nicht ahnen: dass ihr König gerade auf einer lauten alten Maschine an ihnen vorbeigerattert ist. Carl Gustaf ist leidenschaftlicher Traktorfahrer.

Foto: Elisabeth Edén/imagebank.sweden.se

Ob die Familie auch außerhalb des Hochsommers vorbeischauen kommt? Darauf haben beide dieselbe knappe Antwort – der Gärtner und der Schlossvogt. Sie lautet: "Ja." Wegen der Luft, des Lichts, der Wintersonne. Wegen der Weite auf dieser flachen, schmalen Insel – und weil man sich kennt, einander vertraut, hier alles so angenehm normal ist. Und weil Stockholm weit weg ist – viel weiter, als in Fahrtstunden oder Kilometern auszudrücken ist. (Helge Sobik, 29.7.2015)