Heute, 50 Jahre danach, ist der deutsche Straßenkreuzer unter Opel-Sammlern höchst begehrt.

Marcello Mastroianni oder Clint Eastwood? Diese Frage erhitzte im Frühjahr 1965 die Gemüter vor den Kinokassen. Mit "Matrimonio all’italiana", "Hochzeit auf italienisch" und "Für eine Handvoll Dollar" liefen zwei Italo-Filme an, die Geschichte schreiben sollten. Geschichte schreiben wollte zur gleichen Zeit auch Opel. Im Jahr zuvor waren sie, erstmals nach dem Krieg, mit den KAD-Modellen Kapitän, Admiral und Diplomat wieder in die Oberklasse eingestiegen. Mit einem Coupé, dem Diplomat Coupé V8, wollten sie vor 50 Jahren das Sahnehäubchen auf den Käsekuchen setzen. Oder so ähnlich.

Foto: Opel

Fast fünf Meter lang und teurer als ein 911er-Porsche war das damals neue Luxus-Coupé. Der Diplomat spielte mit viel Chrom und amerikanischen Ausmaßen. Das einzige was den Namen Small trug war für deutsche Verhältnisse immer noch riesig. Der Motor nämlich, der 327er Small-Block-V8 von Chevrolet, der schon in der Corvette Stingray für quietschende Reifen sorgte.

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Mit 230 PS aus 5,354 Liter Hubraum und einem maximalen Drehmoment von 435 Newtonmeter markierte der Motor die Spitze der KAD-Reihe – und wurde auch in der Limousine verbaut. Nur gekauft wurde er nicht. Weder im Coupé – von dem 347 Stück gebaut wurden – noch in der Limousine – von der überhaupt nur 330 Fahrzeuge verkauft wurden.

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Die Gründe warum die Small-Block-Modelle floppten sind im Nachhinein natürlich schnell gefunden. Man nahm Opel die superteure Luxusmarke nicht ab. Die Fahrzeuge kosteten immerhin mehr als zweieinhalb Durchschnitts-Jahresgehälter. Sogar einen Mercedes-Benz W 108 bekam man um weniger Geld. Und Daimler hatte kein Problem damit, seinen Anspruch glaubhaft zu machen.

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Auch wenn das Diplomat Coupé in unter 10 Sekunden auf Tempo 100 beschleunigte, was damals ein Spitzenwert war, fehlte dem fetten Cruiser jegliche sportliche Ambition. Der Mix aus amerikanischen Antrieb und deutscher Geradlinigkeit endete in einer herrlichen blubbernden Sänfte auf vier Rädern, mit Starrachse und Trommelbremsen hinten, um die jeder BMW 3200 CS Kreise fuhr. Das Fahrwerk war zu weich, die Sitze waren komfortabel und hatten keinen Seitenhalt, die Lenkung hatte die Präzision einer Pi-mal-Daumen-Schätzung und die Zwei-Gang-Automatik von GM war genau so furchtbar wie man sich das vorstellt.

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Heute ist der Wagen, den Opel nicht selbst baute, sondern bei Karmann in Saarbrücken fertigen ließ, ein begehrtes Sammlerstück. Kein Wunder, schätzen Experten, dass nur mehr rund 40 Fahrzeuge existieren. Will man einen mit Vinyldach und Lederausstattung, in halbwegs gutem Zustand, braucht man Geduld beim Suchen und vermutlich mindestens 50.000 Euro als Trostpflaster für den Vorbesitzer. Wer ein Bastlerauto kauft, kommt übrigens auch nicht billiger davon, denn Ersatzteile gibt es, wenn überhaupt, gerade einmal jene, die bei der Limousine baugleich sind. Den Rest muss man anfertigen oder anfertigen lassen. Die Mischung aus eh schon rar und dann auch noch schwer zu derhalten macht das Diplomat Coupé wahnsinnig begehrenswert und sorgt dafür, dass der Preis für gut erhaltene Exemplare seit Jahren ordentlich steigt. (Guido Gluschitsch, 29.07.2015)

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