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Das kleine Glücksspiel wurde in Wien mit 1. Jänner offiziell verboten.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Die Pläne für einen Großeinstieg von Novomatic bei der Casinos Austria AG und den Lotterien werden nun auch zum Thema im Wiener Landtagswahlkampf. Hat Novomatic erst einmal bei den Lotterien das Sagen – noch braucht es diverse öffentlich-rechtliche und gesellschaftsrechtliche Genehmigungen –, könnte das Unternehmen in der Bundeshauptstadt nach Branchenschätzungen wie berichtet 1.500 bis 2.000 Spielautomaten im Rahmen der Lotterielizenz aufstellen.

Das Verbot des kleinen Glücksspiels, das seit 1. Jänner in Kraft ist, könnte dadurch umgangen werden. Der Klubobmann der Wiener Grünen, David Ellensohn, zeigte sich am Mittwoch über die aktuellen Entwicklungen "höchst besorgt". Ellensohn: "Wenn ÖVP-Finanzminister Hans Jörg Schelling zwar ein Lippenbekenntnis zu mehr staatlicher Kontrolle des Glücksspiels abgibt, das dann aber umgehend relativiert, sehen wir deutlich, wie die Glücksspiellobby die ÖVP-Politik steuert."

Finanzminister wartet ab

Schelling wollte sich bisher nicht festlegen, ob er den Einstieg von Novomatic genehmigt. Das Glücksspielgesetz sieht vor, dass er jeder Änderung der Eigentümerstruktur zustimmen muss. Als Eigentümervertreter der Republik (sie hält über die Staatsholding Öbib 33 Prozent an den Casinos) hätte er auch die Möglichkeit, den anderen Aktionären von Casinos und Lotterien ihre Anteile zum von Novomatic angebotenen Preis abzukaufen. Zuletzt hieß es aber eher, man halte den Preis – für die gesamte Casag wurde eine Bewertung von gut 500 Millionen Euro kolportiert – für zu hoch.

Der grüne Nationalratsabgeordnete Peter Pilz fordert nun eine Reparatur des Glücksspielgesetzes. Jener Passus, wonach die Lotterien über ihre Konzession in ganz Österreich bis zu 5.000 Automaten aufstellen könnten, müsse gestrichen werden. Diese Geräte werden Video-Lotterie-Terminals genannt, weil der Zufallsgenerator über einen zentralen Server läuft. Im Grunde handelt es sich aber um normale einarmige Banditen.

Lücke schließen

"Auf diese Lücke haben wir immer hingewiesen. Jetzt ist ein guter Anlass, um sie zu schließen", so Pilz im STANDARD-Gespräch. Er möchte nun mit ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner darüber verhandeln.

Schelling wiederum forderte er auf, die Übernahme nicht zu genehmigen. "Das wird die Nagelprobe, auf welcher Seite der Finanzminister steht: Ist er ein Novomatic-Minister oder ein Minister im Interesse der öffentlichen Sicherheit?"

"Re-Verstaatlichung"

Ellensohn geht noch einen Schritt weiter. Falls sich die Lotterien im Zuge einer neuen Eigentümerstruktur nicht mehr an das Agreement halten sollten, in Wien keine Automaten aufzustellen, dann bleibe nur der "norwegische Weg: Re-Verstaatlichung des gesamten Glücksspielsektors mit deutlichen Einschränkungen beispielsweise bei der Bewerbung".

Er befürchtet, dass im Fall einer ÖVP-Regierungsbeteiligung nach der Wien-Wahl am 11. Oktober "über Nacht bis zu 2.000 neue einarmige Banditen aufgestellt werden können". Die Wiener SPÖ sei daher gefordert, "Flagge zu zeigen".

Sektion 8 drängt

Das fordert auch die Sektion 8, eine kritische Gruppe in der SPÖ, die seit Jahren gegen das kleine Glücksspiel mobilisiert. Die Wiener SPÖ solle "ihr Gewicht in die Waagschale legen" und auf Gesetzesänderungen auf Bundesebene drängen, fordert Sektion-8-Glücksspielbeauftragte Lea Six. Es sei nicht einzusehen, dass Video-Lotterie-Terminals nicht unter die Landeskompetenz fallen würden. Das Verbot des kleinen Glücksspiels sei eine "große Erfolgsgeschichte". Six: "Es wäre eine Farce und der Bevölkerung nicht zu erklären, wenn es nun durch die Hintertür wiederkommen würde."

Im Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) wollte man sich am Mittwoch auf Anfrage nicht äußern. Man warte vorerst ab, ob die Übernahmepläne der Novomatic wirklich in die Realität umgesetzt werden, hieß es.

Erst am Dienstag hatte die Stadträtin neue Pläne für ein Verbot von Live-Sportwetten angekündigt. "Das heißt, man kann nicht mehr darauf wetten, welcher Spieler wann das nächste Tor schießt oder wer in welcher Minute eine rote Karte kriegt", erklärte Sima. Nur noch auf den Endspielstand kann Geld gesetzt werden. Das neue Gesetz soll noch diese Woche in Begutachtung gehen. Für bestehende Wettlokale soll es Übergangsfristen von sechs Monaten bis zu einem Jahr geben. (Günther Oswald, 29.7.2015)