Der zum Tod verurteilte Gaddafi-Sohn Saif al-Islam unterhielt enge Beziehungen zu Jörg Haider. Hier im Jahr 2004 bei einer Ausstellung libyscher Kunst in Wien vor dem Bild "Die Herausforderung".

Foto: Matthias Cremer

Wien – Viel musste Libyen in den vergangenen Jahren ertragen. Die Leidenschaft von FPÖ-Politikern bleibt dem Land auch in Zukunft erhalten. "So bald wie möglich" will Kärntens Exlandeshauptmann Gerhard Dörfler auf Einladung der selbst ernannten islamistischen Regierung in Tripolis dorthin reisen, um "mögliche Lösungen der Flüchtlingsproblematik" zu besprechen, wie er sagt.

Tripolis ist seit rund einem Jahr unter der Kontrolle einer Allianz islamistischer Parteien und bewaffneter Milizen. Die Reise hätte am Dienstag beginnen sollen, wurde aber verschoben. Im Gespräch mit dem STANDARD beteuert Dörfler, das habe nichts mit dem am selben Tag verhängten Todesurteil gegen den Gaddafi-Sohn Saif al-Islam zu tun. Grund seien vielmehr ausständige Dokumente in Sachen Personen- und Versicherungsschutz. Konkrete Vorschläge, wie man die Situation für Flüchtlinge vor Ort verbessern könnte, wollte der jetzige Bundesrat nicht nennen.

Dass Dörfler einmal so wie sein Vorgänger, Gründer der Österreichisch-Libyschen Gesellschaft und Freund Saif al-Islams Jörg Haider, nach Libyen reist, war nicht unbedingt zu erwarten. Noch 2011 meinte Dörfler zu Haiders mehrmaligen Besuchen: "Ich bin kein Spieler bei solchen Besonderheiten."

Keine Gaddafi-Milliarden

Dörfler befasst sich aber nicht nur mit der Flüchtlingsproblematik, sondern auch mit jenen österreichischen Konten, die 2011 wegen der Sanktionen gegen das Gaddafi-Regime gesperrt wurden. Mit 1,2 Milliarden Euro bezifferte die Nationalbank die Gelder damals.

Heute will man keine Zahlen nennen. Dem Vernehmen nach dürfte der überwiegende Teil des Vermögens jedoch der Libyschen Zentralbank (LZB) zuzurechnen sein. Diese wurde noch Ende 2011, unmittelbar nach Gaddafis Tod, von der Sanktionsliste gestrichen. Auf die 15 Personen aus seinem Umfeld, die heute noch auf der Liste stehen, dürfte nur ein verschwindend geringer Anteil der Gelder entfallen.

Unerfüllbare Forderung

Was Dörfler damit zu tun hat? Im März 2011, als Libyen von der Nato bombardiert wurde und die österreichischen Konten des Gaddafi-Clans bekannt wurden, sah er sich dazu gedrängt, vor dräuenden "Massenflüchtlingsströmen" zu warnen. Mit dem Vermögen sollten die Kosten für die Grundversorgung der zu erwartenden 6.000 bis 8.000 libyschen Flüchtlinge gedeckt werden, so sein Vorschlag.

Auch wenn seitdem viele Flüchtlinge von Libyen aus ihre Reise nach Europa antraten, blieb der Zustrom aus dem Land selbst aus: Laut Statistik haben von 2011 bis 2013 nur 123 libysche Staatsbürger in Österreich um Asyl angesucht.

Dörfler bleibt trotzdem bei seiner Forderung. Laut einem Völkerrechtsexperten ist ihre Erfüllung ausgeschlossen: Die – kaum noch vorhandenen – eingefrorenen Gelder sind juristischen Personen zuzurechnen, eine Beschlagnahmung undenkbar.

Nachhaltige Freundschaften

Die Verbindungen der FPÖ mit Libyen bestehen teilweise noch immer. Haiders Witwe Claudia leitet die von ihm gegründete Österreichisch-Libysche Gesellschaft. Der Wiener Gemeinderat David Lasar traf Saif al-Islam 2011 und überbrachte eine Botschaft von Parteiobmann Heinz-Christian Strache: Das Nato-Bombardement müsse aufhören. Zwei Wochen später war das Regime gestürzt. Strache wäre damals gerne selbst angereist, so Lasar. Das sei sich jedoch zeitlich nicht ausgegangen.

Im Gespräch mit dem STANDARD sagte Lasar zur jetzigen Situation in Libyen: "Die Regierung in Tripolis ist keine Regierung." Sie sei islamistisch und lasse zu, dass "Terroristen, Räuber und Verbrecher" das Land dominieren. Vom geplanten Engagement Dörflers wisse er nichts. Er selbst habe seit seinem Besuch keinen Kontakt mehr zum Gaddafi-Sohn gehabt.

Lange hielt sich außerdem das Gerücht, von Gaddafi seien über Liechtenstein dutzende Millionen an die Haider-FPÖ geflossen. Bewiesen wurde das aber nie. Die FPÖ beschuldigte ihrerseits die Grünen, Geld aus Libyen bekommen zu haben – was eine einstweilige Verfügung zur Folge hatte. (Simon Moser, 30.7.2015)