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Viele Hobbysportler werfen Schmerztabletten ein ohne die Gefahren zu kennen.

Foto: EPA/HERBERT NEUBAUER

Die Suche nach einem Wundermittel zur Leistungssteigerung ist fast so alt wie der Sport selbst: Nicht nur Profis dopen, auch Hobbysportler wären oft gerne ein wenig schneller, stärker und schmerzfreier unterwegs.

Besonders letzteres ist bei Freizeitathleten ein Problem, sagt Robert Fritz von der Sportordination in Wien: "Ich bin selbst bei vielen Bewerben und was ich da sehe, erschreckt mich." Viele Athleten nehmen vor Lauf- oder Radfahrbewerben Schmerzmedikamente – ohne überhaupt Schmerzen zu haben. Damit sollen während des Bewerbs eventuell auftretende Schmerzen, manchmal auch der spätere Muskelkater bekämpft werden. 2010 wurden Läufer bei einem Marathon in Bonn dazu befragt. Das Ergebnis: Fast die Hälfte hatte vor dem Bewerb ein Schmerzmittel geschluckt.

Ungefährlich ist das nicht: Häufig eingenommene Medikamente wie Ibuprofen und Aspirin, die zur Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika gehören, können beispielsweise zu Problemen im Magen führen: Durchfall, Erbrechen, bis hin zu Magenentzündungen oder schlimmstenfalls ein Magendurchbruch sind möglich, sagt Fritz.

Schmerzen als Alarmsignal

Außerdem werden diese Medikamente über die Nieren ausgeschieden. Bei längeren Bewerben, bei denen der Körper ohnehin stark dehydriert, birgt das eine große Gefahr für das Orgarn, warnt Peter Schober, Vizepräsident der Österreichischen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention: Im schlimmsten Fall kann es zu einem Nierenversagen kommen.

Noch etwas kritisieren die Experten: "Schmerzen sind ein Alarmsignal des Körpers", sagt Fritz. Durch die Einnahme von Schmerzmitteln würden die Athleten die Schmerzen zu spät bemerken, jedoch am Ende trotzdem spüren – und im schlimmsten Fall bleibende Schäden am Bewegungsapparat davontragen. "Denn vielleicht ist dann ein Muskel oder das Kniegelenk so überlastet, dass man nie wieder richtig laufen kann." Die vermeintliche Logik dahinter kann Fritz nachvollziehen. Im Vordergrund stehe dabei die Angst vor Schmerzen durch Belastung: "Aber wenn ich davor Angst habe, dann sollte ich vielleicht nicht an den Start gehen – oder mich besser vorbereiten."

Die häufige Einnahme von Schmerzmitteln wirkt sich zudem negativ auf den Trainingsfortschritt aus, sagt Schober: Denn im Kraftsport sei es nötig, dass Zytokine, also körpereigene Entzündungsleitstoffe, hochreguliert werden. Durch Einnahme von Schmerzmitteln würden diese Stoffe jedoch gehemmt und das Training ist weniger effektiv.

Koffein unbedenklich

Neben Schmerzmitteln greifen Hobbysportler häufig auch zu Aufputschmitteln, die den Kreislauf steigern: "Wer sie nimmt, kann über seine Verhältnisse leisten – doch dadurch kann es zum Zusammenbruch kommen", warnt Schober. Bei einem bestehenden Risiko für Herzkreislauferkrankungen kann das sogar lebensgefährlich werden. Immer wieder erleiden Athleten während oder nach der körperlichen Belastung einen Herzinfarkt.

Früher stand auch Koffein auf der Dopingliste – heute spricht nichts gegen eine Einnahme in moderaten Dosen, sagen die Experten. "Die Frage ist aber immer, ob man es verträgt", sagt Fritz. Koffein blockiert die Müdigkeitsrezeptoren, bei längeren Wanderungen oder Läufen könne eine Einnahme also schon Sinn machen.

Weitaus weniger weit verbreitet bei Ausdauersportlern ist hingegen die Einnahme von Anabolika oder Wachstumshormonen. Einer der Gründe: "Für das Dopen braucht man ein System", sagt Schober. – Ein System, das es im Fitnessstudio eher gibt als auf der Laufstrecke. Die Gefahren sind vielfältig: Aggressivität, ein steigendes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko und schwere Schädigung der Leber gehören dazu.

Außerdem seien die Substanzen, die man im Internet bestellen kann, oft nicht rein, ergänzt Schober. Ein besonders unappetitliches Detail: In Ländern wie Indien, Pakistan und Russland, wo viele Anabolika hergestellt werden, würden Wachstumshormone aus den Hirnanhangdrüsen von Leichen gewonnen. Auch Etikettenschwindel sei weit verbreitet.

Gefahren, die manche Hobbysportler trotzdem nicht abschrecken: 20 Prozent der deutschen Fitnessstudiobesucher dopen, hieß es 2010 in einer Studie der TU Darmstadt. Der Durchschnittsdoper ist jung, männlich und aus der unteren Mittelschicht. Der Studienautor Mischa Kläber prognostiziert, dass die Hemmschwelle sinkt: Immer mehr Frauen würden beispielsweise vor dem Fitnesstraining zu Mitteln greifen, um ihre Fettverbrennung anzukurbeln.

Dopingmentalität

Was dahinter steckt: "Das Problem ist der Leistungsdruck in allen Bereichen unserer Gesellschaft", sagt Schober. Er spricht von einer regelrechten "Dopingmentalität", denn vorbeugende Präparate, Nahrungsergänzungsmittel, homöopatische Substanzen und rezeptfreie Medikamente würden schon Kindern verabreicht, kritisiert er.

"Es ist menschlich, ein Mittel zu suchen, das die Leistung steigert, ohne dass man dafür etwas tun muss", sagt Fritz. Denn nicht jede Trainingseinheit macht Spaß. "Aber es gibt kein leistungssteigerndes Mittel ohne Nebenwirkungen." Mit einer Ausnahme, so Fritz: den Sport selbst. "Damit beugt man einer Vielzahl von Erkrankungen vor." In vernünftigen Dosen hätte Sport keine Nebenwirkungen. (Franziska Zoidl, 9.8.2015)