Ältere Menschen auf der Flucht: allerdings nicht vor Krieg und Hunger, sondern vor dem dumpfen Dasein im Altersheim. Die französische Compagnie Adhok zeigt den Ausbruch ausgelassener Senioren.

Foto: Vincent Muteau

Graz – Erwachsen werden klingt irgendwie immer ein bisschen nach "Schluss mit lustig" oder nach "Ernst des Lebens". La Strada war nie nur – aber auch – lustig, und mit den ernsten Dingen des Lebens beschäftigten sich die Künstler des Festivals immer schon, genauso wie mit den ganz kleinen komischen. Jetzt ist La Strada volljährig. Zum 18. Mal wird es Theater, Plätze und Straßen in Graz bespielen.

Erwachsen im Sinne von fad ist La Strada jedenfalls nicht geworden. In Zeiten, in denen man Europa beim Zerbröckeln zusehen muss, ist das Festival fest im engmaschigen EU-Netzwerk "In Situ" verwoben und beschäftigt sich auch stetig mit Themen dieses Europas.

Seit zehn Jahren lädt man dabei nicht mehr nur ein, sondern produziert auch eigene Arbeiten mit lokalen Künstlern. Neben Straßen- und Figurentheater spielen heute der Cirque Noveau, der Neue Zirkus, und Community Art, bei der Menschen vor Ort und ihre Geschichten direkt eingebunden sind, eine große Rolle.

Spannende Beispiele für Community Art erwartet man vom Grazer Künstlerkollektiv Zweintopf, das die zunehmende Kontrolle des öffentlichen Raums durch Kameras bearbeitet hat, und vom Kunstlabor von UniT. Letzteres führt in den Grazer Bezirk Liebenau, wo auch ein lange verschwiegenes Lager der Nazis und ein Massengrab aus der NS-Zeit thematisiert werden.

Verschiedene Spielorte

24 Produktionen werden heuer insgesamt von Künstlern und Gruppen aus zehn Nationen an 29 verschiedenen Spielorten aufgeführt. Neben Graz werden auch einzelne Stücke in Stainz, Weiz, Leibnitz und auf Schloss Seggau gezeigt werden. Von insgesamt 160 Vorstellungen können 111 gratis gesehen werden.

Eröffnet wird das Festival am Freitag mit den weltweit gefeierten Vertretern des Neuen Zirkus, der Truppe Les 7 Doigts de la Main (Seven Fingers) aus Kanada. Sie laden in der Grazer Oper zu besonderen Küchengesprächen mit dem Titel Cuisine & Confessions.

Aus dem Bereich des Figurentheaters sei der legendäre Australier Neville Tranter mit seinem niederländischen Stuffed Puppet Theatre genannt. Ihm geht es heuer um keine geringere Frage als die des Überlebens. Ein anderer genialer Puppenspieler hat sich einst bei La Strada von Tranter inspirieren lassen: Nikolaus Habjan, der mit dem Schubert Theater Wien die Produktion Becoming Peter Pan – An Epilogue to Michael Jackson zeigt und auch zum Workshop mit seinem Idol Tranter lädt.

Und ja: Man spricht viel Französisch bei La Strada. Auch heuer: etwa beim Straßentheater der Compagnie Adhok. Die büchsen in Echappées Belles aus einem Altersheim aus. Die "schönen Ausreißer" kehren mitten in der Innenstadt zurück ins pralle Leben. (Colette M. Schmidt, 30.7.2015)