Salzburg/Wien – Um die "heillos überfüllten" Spitalsambulanzen zu entlasten, sprach sich Salzburgs Finanz- und Spitalsreferent LHStv. Christian Stöckl (ÖVP) am Freitag für die Einführung einer Ambulanzgebühr aus. Diese solle die Patientenströme steuern, denn jeder zweite Patient wäre beim niedergelassenen Arzt besser aufgehoben. Allerdings wurde eine Ambulanzgebühr vor mehr als zehn Jahren vom VfGH gekippt.

Die Gesundheitsreform des Bundes, die von den Ländern umzusetzen sei, schreibe vor, dass die Patienten nach dem Prinzip des 'Best Point of Service' behandelt werden, untermauerte Stöckl seinen Vorschlag. "Das bedeutet, dass die Patientenströme von den überfüllten Spitalsambulanzen, in denen im Durchschnitt 50 Prozent aller Patienten fehl am Platz sind, zu den Haus- und Fachärzten umgeleitet werden müssen."

Grundlagen

Obwohl es ein entsprechend dichtes Netz an niedergelassenen Ärzten gebe, verstärke sich der Trend, sofort die Ambulanzen der Spitäler aufzusuchen, konstatierte Stöckl, der auch Gesundheitsreferent ist. Er ortet neben überfüllten Ambulanzen auch unzufriedene Patienten und überarbeitete Ärzte. Die Vermeidung dieser negativen Effekte seien nur durch eine Ambulanzgebühr zu erzielen. Da österreichweit so gut wie alle Spitäler mit dieser Problematik konfrontiert seien, wäre es höchste Zeit, "dass die Gesundheitsministerin ein Konzept zur Einführung von Ambulanzgebühren vorlegt".

Falls dies der Bund nicht zustande bringe, müsse dieser wenigstens die Grundlagen schaffen, um die Länder zur Einhebung einer solchen Gebühr zu ermächtigen, erklärte Stöckl. "Denn nachdem die Länder für die Spitäler zuständig sind, muss ihnen auch die Möglichkeit gegeben werden, die Patientenströme zu steuern. Und eine Ambulanzgebühr ist in meinen Augen die einzige Möglichkeit, das nachhaltig zu tun." Die Höhe der Gebühr müsse noch diskutiert werden.

Ambulanzen entlasten

Seit den 1990er Jahren seien in Salzburg die Spitalskosten jährlich bis zu einem zweistelligen Prozentsatz gestiegen. Die Einführung einer Ambulanzgebühr sei ein Faktor, um Kosten zu reduzieren, ohne dass ein Nachteil für die Patienten entstehe, hieß es aus Stöckls Büro auf Anfrage der APA. Es gehe aber nicht darum, Geld zu lukrieren, sondern die Ambulanzen zu entlasten. Die Millionenverluste durch den Salzburger Finanzskandal und auch die Erhöhung der Gehälter für Ärzte- und Pflegekräfte seien nicht der Grund, warum er sich für eine Ambulanzgebühr ausspreche.

Viele Patienten würden gerade an den Wochenende oder an den Tagesrandzeiten mit "Wehwechen" in die Amublanzen kommen, obwohl sie der Hausarzt schon früher hätte behandeln können. "Und wenn die Patienten in die Ambulanzen fahren statt zum Hausarzt zu gehen, wird dessen Ordination irgendwann nicht mehr wirtschaftlich zu führen sein. Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Unsere Hausärzte verlieren damit auch ihre so wichtige Gatekeeper-Funktion, wenn sie in vielen Fällen gar nicht Bescheid wissen, welche Behandlungen durchgeführt oder Medikamente verordnet wurden. Das kann nicht im Interesse der Gesundheit des Einzelnen sein."

"Best Point of Service"

Stöckl beruft sich mit seiner Forderung auch auf die Europäische Union. "Beispiele aus anderen EU-Ländern zeigen, dass es durch eine Ambulanzgebühr sehr gut möglich ist, die Patientenströme in die richtige Richtung zu lenken." In vielen EU-Ländern sei eine Ambulanzgebühr gang und gäbe und das System 'Best Point of Service' funktioniere.

Die Ambulanzgebühr war bereits unter der blau-schwarzen Koalition im Jahr 2000 in Österreich eingeführt worden. Sie wurde aber bald wieder vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) beseitigt: Am 16. März 2001 wurde sie wegen nicht ordnungsgemäßer Kundmachung aufgehoben. Bei einer neuerlichen Prüfung einer geänderten Fassung stellte der VfGH im Jahr 2003 eine Verfassungswidrigkeit fest: Die Ermächtigung für den Bundeskanzler, jede Abweichung des kundgemachten Textes von der im Parlament beschlossenen Fassung als "Druckfehlerberichtigung" zu behandeln, gehe zu weit. Dies dürfe innerhalb vorgegebener, verfassungsrechtlicher Grenzen nur der Gesetzgeber selbst verfügen. Die SPÖ und mehrere Einzel-Beschwerdeführer wollten mit neuerlichen Anträgen auch eine inhaltliche Prüfung des Selbstbehaltes. Dazu ist es damals aber nicht gekommen.

Als "Politik aus dem vorigen Jahrtausend" bezeichnete Salzburgs SPÖ-Parteichef, Landtagsklubobmann Walter Steidl, heute die Forderung nach einer Ambulanzgebühr. Die Gebühr sei vom VfGH gekippt worden, die Lenkungseffekte seien gering aber der bürokratische Aufwand enorm gewesen. "Ganz abgesehen davon, dass die Einführung einer Ambulanzgebühr diejenigen am härtesten trifft, die finanziell nicht auf Rosen gebettet sind. Stöckl will wohl von seinen Versäumnissen ablenken." (APA, 31.7.2015)