Ist das Geschlecht des Gegenübers bekannt, beeinflusst das den Umgang zwischen Mitarbeitern. Männer fühlen sich von Frauen in höheren Positionen eingeschüchtert, besagt eine neue Studie.

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Was zähle sei also nicht nur Status. Sondern die Kombination aus Status und Geschlecht. Ist die Führungsposition weiblich, nehmen Männer häufiger eine verteidigende, aggressive Rolle ein.

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Zwar sind es noch immer nicht annähernd gleich viele, aber dennoch besetzen immer mehr Frauen Führungspositionen. Im "Personality and Social Psychology Bulletin" wurde nun eine Studie veröffentlicht, die sich der Frage widmete, wie Männer auf Frauen in Machtpositionen reagieren. Ein Team dreier Forscherinnen aus Italien und den USA führte hierfür drei Teile durch.

Geschlecht und Geld

Im ersten Teil wurden 76 Männer und Frauen gebeten, ihr Gehalt mit einem neuen Arbeitgeber zu verhandeln und zwar via Chats am Computer. Die eine Hälfte der Teilnehmer bekam die Info, mit einer Frau zu verhandeln. Die andere Hälfte war im Glauben, einen Mann als vis-á-vis zu haben. Das Einstiegsgehalt wurde mit 28.500 Dollar angegeben, den Teilnehmern wurde gesagt, dass sie bis zu fünfmal steigern können. Nach dem Verhandeln nahmen die Teilnehmer noch an einem Test teil, der zeigen sollte wie eingeschüchtert sie entweder von David oder Sarah waren.

Das Ergebnis: Männer, die mit Sarah verhandelten, fühlten sich unwohler als Männer, die mit David ihr Gehalt ausverhandelten. Bei den Frauen spielte das Geschlecht keine Rolle bei den Gegenangeboten oder ihrer Verhandlungstaktik.

Teilen fällt mit Frauen schwerer

In der zweiten Teilstudie sollten sich 68 Männer vorstellen, dass sie einen Bonus von 10.000 Dollar mit einem Kollegen teilen können. Den Teilnehmern wurde entweder gesagt, dass sie mit einem männlichen oder weiblichen Arbeitskollegen oder mit einem männlichen oder weiblichen Teamleiter teilen sollen.

Hier ergab die Befragung, dass Männer einer weiblichen Vorgesetzten weniger zu geben bereit waren als einem Mann. Mittels einer nachfolgenden Befragung über die Gründe der Verteilung konnten die Forscherinnen auch herausfinden, dass die männlichen Teilnehmer ihren weiblichen Vorgesetzten deshalb weniger vom Bonus gaben, weil sie sich eingeschüchtert fühlen und deshalb aggressiver auftreten.

Ambitionen werden nicht belohnt

Teil drei lief ähnlich ab – allerdings waren die Personen, mit denen man den Bonus teilen sollte immer Vorgesetzte – männlich oder weiblich. Zusätzlich zur Geschlechterkategorie gab es aber auch Zuschreibungen zum Verhalten der Vorgesetzten: Entweder waren sie als ehrgeizig (motiviert, die Karriereleiter nach oben zu klettern, große Hingabe für den Job) oder als eher verwaltend (er oder sie managt Projekte effektiv und denkt immer an das Funktionieren des Unternehmens) beschreiben.

Die letztere Beschreibung wirkte auf Männer weniger bedrohlich als die erste. Demnach verteilten sie auch einen viel geringeren Teil an ambitionierte weibliche Führungskräfte.

Alle drei Teile würden zeigen, dass sich Männer von mächtigeren Frauen eingeschüchtert fühlen und tendenziell verstärkt versuchen, sich zu behaupten. Außerdem würden die Ergebnisse zeigen, dass nicht nur der Status, sondern dass im Umgang mit Arbeitskollegen Geschlecht plus Status zählen.

Immer nett bleiben

Für Frauen, die Karriere machen möchten, ist das natürlich ein Dilemma. Autorin und Aktivistin Naomi Wolf beschreibt dieses Problem folgendermaßen: "Sprechen wir also offen und mit Blick auf das Tabu aus, was es für eine Frau in hochrangiger Position heißt, effektiv zu führen: Es bedeutet, gelegentlich einem Mann zu widersprechen, so höflich das auch geschehen mag; einen Mann zu überstimmen, so rücksichtsvoll dies auch über die Bühne gehen mag; den strategischen Rat eines Mannes unbeachtet lassen, egal wie taktvoll die Entscheidung formuliert wird; und einem untergebenen Mann, wenn auch noch so einfühlsam, zu sagen, dass seine Leistungen nicht ausreichend sind."

Wie frau es macht,...

Auslöser für den wütenden Kommentar von Naomi Wolf war der unfreiwillige Abgang von Jill Abramson, erste Frau als Chefredakteurin der "New York Times", und der Rücktritt von Natalie Nougayrède, Chefredakteurin der französischen Zeitung "Le Monde". Nougayrède beklagte in einem offenen Brief, in ihren Vorrechten beschnitten worden zu sein.

Wie frau es macht, macht sie es verkehrt, so die Ansicht von Wolf und vielen anderen Feministinnen. Das kann man auch aus der Studie der drei Forscherinnen schließen. (red, 1.8.2015)