Einige EU-Länder haben einander im Steuerwettbewerb ausgetrickst: Zu diesem Schluss kommt ein Sonderausschuss des Europäischen Parlaments im Entwurf seines Abschlussberichts. "Der Bericht lässt keinen Zweifel mehr offen, dass sich in der Vergangenheit eine Reihe von Mitgliedstaaten regelwidrig verhalten haben", sagt Michael Theurer, Europa-Abgeordneter der FDP und Co-Berichterstatter.

Die EU-Kommission hat in ihrem Kampf gegen Steuer-Vergünstigungen für bestimmte Unternehmen laut einem Spiegel-Bericht in 21 EU-Ländern für insgesamt 125 Firmen Steuervorbescheide angefordert. Auch Österreich und Deutschland müssen diese Bescheide für ein knappes Dutzend Konzerne für die Prüfung nach Brüssel liefern.

Anlass für die Einsetzung des Sonderausschusses war die unter dem Stichwort LuxLeak bekannt gewordene Affäre: Luxemburg hatte internationalen Unternehmen über Jahre hinweg sehr vorteilhafte Steuerabkommen angeboten, welche die Steuerbelastung auf bis zu fünf Prozent sinken ließen. Damit soll nun Schluss sein, verlangt der Sonderausschuss nun in seinem Bericht. Er begrüßt darum ausdrücklich die Verfahren wegen des Verdachts auf unerlaubte staatliche Beihilfen, welche die EU-Kommission eingeleitet hat.

Anreiz für unfairen Wettbewerb

Hier empfiehlt der Ausschuss eine Änderung: Bisher mussten EU-Staaten Nachsteuern bei den bevorzugten Unternehmen erheben, konnten diese aber behalten. In Zukunft sollen sie diese Einnahmen aber entweder an die EU-Kommission oder an die geprellten Staaten abliefern. Das heutige System schaffe einen Anreiz für unfairen Steuerwettbewerb, kommentierte dies das deutsche Ausschussmitglied Fabio de Masi von der Linken.

Der Bericht des Sonderausschusses ist weitgehend symbolischer Natur – in Steuerfragen sind die meisten Kompetenzen den Mitgliedsstaaten vorbehalten. Der Bericht verliert sich deswegen aber nicht in Polemik, sondern stellt eine Auslegeordnung über den Zustand des Steuerwettbewerbs in Europa dar.

Eine Billion Euro Steuerentgang

Steuervorbescheide, seien grundsätzlich zu begrüßen, weil sie Rechtssicherheit für Unternehmen schaffen, hält der Ausschuss etwa fest. Doch verurteilt er den Missbrauch dieses Instruments. Weltweit gingen fünf Prozent der Steuereinnahmen von Unternehmen durch Steuervermeidung verloren. Jährlich entgingen den europäischen Steuerbehörden eine Billion Euro durch Steuerbetrug, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung.

Einen Hauptgrund dafür sieht der Bericht im Umstand, dass die EU-Länder die Steuerbasis der Unternehmen sehr unterschiedlich berechnen. Er begrüßt darum Pläne der EU-Kommission, bis Herbst Vorschläge für eine einheitliche Besteuerungsgrundlage vorzustellen. (Fabian Fellmann aus Brüssel, 1.8.2015)