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Die Börse in Athen war seit dem 26. Juni geschlossen, am Montag wurde sie wieder geöffnet.

Foto: REUTERS / Jean-Paul Pelissier

Athen – Absturz ins Bodenlose: Am ersten Tag nach der fünfwöchigen Zwangspause ist der griechische Aktienmarkt so stark eingebrochen wie noch nie. Der Leitindex stürzte am Montag um fast 25 Prozent auf 615 Punkte in die Tiefe – der niedrigste Stand seit drei Jahren. Zahlreiche in dem Index enthaltenen Papiere sind inzwischen auf das Niveau von Penny-Stocks gefallen, kosten also weniger als einen Euro.

Er folgte damit den Vorgaben des börsennotierte US-Fonds (ETF) auf griechische Aktien, der während der Zwangspause in Athen weiter gehandelt werden konnte. Dieser hatte seit Ende Juni etwas mehr als 20 Prozent verloren.

Besonders hart traf es am Montag die griechischen Banken: Drei der fünf im heimischen Branchenindex notierten Aktien fielen um die täglich maximal möglichen 30 Prozent. Anschließend wurde der Handel mit diesen Papiere wieder vorübergehend ausgesetzt. "Es gibt noch nicht ausgeführte Verkaufsorders im Volumen von 100 Millionen Euro", sagte Anlageberater Theodore Mouratidis. Daher müsse für Dienstag mit einem weiteren Kursrutsch gerechnet werden, falls nicht einige Anleger die Gelegenheit zum Einstieg nutzten.

Ausmaß übertrifft Erwartungen

Ein Einbruch war erwartet worden, denn die Inhaber griechischer Aktien konnten über Wochen nicht auf schlechte Nachrichten reagieren und daher gab es entsprechenden Nachholbedarf.

Das Ausmaß übertrifft dennoch die Erwartungen. "Realistisch ist ein Preisabschlag von 15 bis 20 Prozent zur Markteröffnung", sagte ein Vermögensverwalter eines griechischen Fonds, der namentlich nicht genannt werden wollte. Mit fast 30 Prozent fällt der Absturz um einiges heftiger aus als erwartet.

Griechische Staatsangehörige können bis auf weiteres Aktien nur mit Geld von Auslandskonten oder mit Bargeld bezahlen. Die Börse war seit dem 26. Juni geschlossen. Damals wurden auch die Banken des Landes zugesperrt, weil Kunden aus Sorge vor einer Staatspleite ihre Konten räumten. Um die Kapitalflucht zu begrenzen, wurden Kapitalverkehrskontrollen eingeführt. Mittlerweile sind die Banken wieder geöffnet, es gelten aber noch Einschränkungen.

Verhandlungen werden fortgesetzt

Seit vergangener Woche wird nun wieder um die neuen Hilfsmilliarden verhandelt. Am Montag stehen bei den Gesprächen Steuerthemen im Mittelpunkt. Am Dienstag sollen dann die höchst umstrittenen Privatisierungen unter die Lupe genommen werden.

Die Belegschaft der griechischen Bahn macht am Montag einmal mehr mit einem Streik klar, dass sie von einer Privatisierung wenig hält. Die griechischen Eisenbahn steht ja ganz oben auf der Liste der Staatsunternehmen, die privatisiert werden sollen.

Auch die griechischen Kassenärzte protestieren am Montag – gegen die Schulden des griechischen Trägers für Gesundheitsleistungen (EOPYY). Die Ärzte behandeln zwar in ihren Praxen Patienten, diese müssen aber direkt beim Arzt zahlen.

Hintergrund sind nach Angaben der rund 8.000 Kassenärzte die Schulden des EOPYY bei den Kassenärzten. "Seit Februar sind wir nicht mehr bezahlt worden. Das sind acht Millionen Euro pro Monat", sagte der Präsident des Verbandes der Kassenärzte, Giorgos Eleftheriou, dem griechischen Nachrichtenportal "protothema.gr". Der Ausstand soll bis kommenden Freitag dauern.

Wirtschaft kommt nicht auf die Beine

Nach den wochenlangen Bankenschließungen liegt die Industrie in Griechenland am Boden. Der am Montag vom Markit-Institut veröffentlichte Einkaufsmanager-Index fiel auf ein Rekordtief. Mit einem Wert von 30,2 Zählern ist der Wachstumsbereich oberhalb von 50 Punkten weit entfernt. Einen niedrigeren Stand haben die Forscher seit Beginn der Umfragen in dem Ägäis-Land 1999 noch nicht gemessen. Zudem sackten auch die Teil-Barometer für die Produktion und die Auftragseingänge jeweils auf Rekordtiefs ab.

Seit dem Regierungswechsel in Athen Anfang des Jahres hat sich die dortige Wirtschaftslage Experten zufolge massiv verschlechtert. Zuletzt kamen viele Unternehmen nur schwer an Geld, eine Pleitewelle wird befürchtet. Die Industrie Griechenlands stellt nach Angaben des Auswärtigen Amtes in Berlin allerdings nur 12,6 Prozent der Wirtschaftsleistung und damit weit weniger als der Tourismus, auf den ein Anteil von 16,4 Prozent entfällt.

Auch der vom griechischen Institut IOBE erhobene Stimmungsindikator gab deutlich nach. Der Index misst die Erwartungen in der Industrie, der Dienstleister, im Einzelhandel, am Bau sowie das Verbrauchervertrauen. Mit 81,3 Zählern für Juli wurde das niedrigste Niveau seit fast drei Jahren festgestellt. (Reuters, APA, red, 3.8.2015)