Wien – Die Ärztekammer ist eine schlagkräftige Einrichtung. Ihr Widerstand hat schon so manchen Plan der Regierung verhindert oder zumindest abgeschwächt. Gegen die elektronische Gesundheitsakte Elga wurden nackte Patienten plakatiert – mit dem Slogan: "Elga kostet Sie Ihr letztes Hemd!" Zuletzt lief die Hausarztkampagne: "Von Mensch zu Mensch."

Für die Mitglieder, also die Ärzte, sind damit aber natürlich Kosten verbunden. Und diese sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, wie aus einer aktuellen Anfrageserie der Neos hervorgeht. Die Umlagen der neun Landesärztekammern an die Österreichische Ärztekammer sind demnach zwischen 2004 und 2014 von 7,3 auf 9,9 Millionen Euro gestiegen. Das entspricht einem Plus von knapp 35 Prozent. Zur Orientierung: Die Inflation lag im gleichen Zeitraum bei 25 Prozent, die Wirtschaftsleistung Österreichs (BIP) hat um 36,6 Prozent zugelegt. Im Bereich der Landeskammer ist der Anstieg also nicht allzu dramatisch.

Fast verdreizehnfacht haben sich im vergangenen Jahrzehnt aber die "weiteren Einnahmen" der Ärztekammer – von 205.376 auf 2,67 Millionen Euro. Neben Bearbeitungsgebühren und Kapitalerträgen sind in diesem Posten die Dotierung eines Fonds für Öffentlichkeitsarbeit, eine PR-Umlage und ein "Qualitätssicherungszuschuss" dazugekommen.

Steigerung um 67 Prozent

In Summe sind also die Einnahmen der Ärztekammer von gut 7,5 auf 12,5 Millionen gestiegen. Das Plus von 67 Prozent fällt somit wesentlich stärker aus als Inflation und Wirtschaftswachstum. In ähnlichem Ausmaß sind auch die Verwaltungsausgaben gestiegen – um 59 Prozent auf zuletzt 10,3 Millionen Euro.

Was weiters ins Auge fällt: Die Rücklagen für künftige Ausgaben sind ebenfalls kräftig gewachsen – um 273 Prozent auf zuletzt 2,7 Millionen Euro. Wofür das Geld genau vorgesehen ist, geht aus der Anfragebeantwortung durch Gesundheitsministerin Sabine Oberhauser (SPÖ) nicht hervor, es ist nur von "besonderen Maßnahmen" die Rede.

"Schlüssige Erklärungen fehlen"

Wie berichtet, haben frühere Anfragen der Neos gezeigt, dass auch bei Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer die Einnahmen sprudeln. Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker kritisiert daher: "Das System der Pflichtmitgliedschaft stellt erhöhte Anforderungen an die Sparsamkeit der Kammern, weil ihm niemand entkommt." Kostensteigerungen im Bereich der doppelten Inflationsrate würden "schlüssige Erklärungen" verlangen. "Die liegen uns nicht vor. Die Kammern schaden sich durch Intransparenz und teilweise Verschleierung von Kosten selbst, weil sie damit Misstrauen gegenüber den Zwangssystemen nähren."

Abgefragt wurde dieses Mal auch noch die Finanzsituation von Tierärztekammer, Zahnärztekammer, Apothekerkammer und Wirtschaftstreuhändern. Das Bild ist nicht überall gleich. Bei den Tierärzten sind die Einnahmen ebenfalls kräftig gestiegen: um 54 Prozent auf zuletzt 2,65 Millionen Euro.

Sparsame Zahnärzte

Die Apothekerkammer wiederum nahm 2014 nur um 13 Prozent mehr ein als 2004, wobei aber die Personalausgaben kräftig gestiegen sind (plus 48 Prozent). Auch die Zahnärzte zahlen in Summe nur 22,7 Prozent mehr an ihre Kammern als 2004. Hier gibt es aber große regionale Unterschiede (minus 13 Prozent in Niederösterreich, plus 76 Prozent im Burgenland).

Keine große Mehrbelastung gibt es auch bei den Wirtschaftstreuhändern. Sie zahlten im Vorjahr 11,2 Millionen Euro an Kammerumlage an ihre Interessenvertretung. Das Plus von 25 Prozent entspricht genau der Inflation. Die Verwaltungsausgaben der Kammer der Wirtschaftstreuhänder sind aber um 72 Prozent auf 1,9 Millionen gestiegen. Ein Grund, auf den das Wirtschaftsministerium in der Anfragebeantwortung hinweist: Die Zahl der Kammermitglieder ist um 46 Prozent auf zuletzt fast 10.000 gestiegen. (Günther Oswald, 3.8.2015)