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Hulusi Akar wird wohl neuer türkischer Armeechef.

Foto: AP Photo / Burhan Ozbilici

Ankara/Athen – Mitten im Krieg wechselt die Türkei ihre Armeeführung aus, doch das ist weit mehr Protokoll als militärpolitischer Wechsel: Zweimal im Jahr – im August und Dezember – tagt der Oberste Militärrat (YAS), und alle zwei Jahre ist normalerweise großes Sesselrücken. Auf Armeechef Necdet Özel dürfte diese Woche Hulusi Akar folgen. Der 63-jährige Akar ist Kommandant der Landstreitkräfte und steht als solcher traditionell an erster Stelle für den höchsten Posten.

Dennoch steht die Sitzung des Obersten Militärrats, der am Montag in Ankara unter Leitung des geschäftsführend amtierenden Premiers Ahmet Davutoğlu zusammentrat, im Zeichen des neu entflammten Kriegs gegen die kurdische Arbeiterpartei PKK und der Militäroperationen gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS).

Armeeführung warnte vor Einmarsch in Syrien

Die türkische Armee gilt als sehr erprobt in Konflikten mit niedriger Intensität. Die kommen und gehen über die Jahre wie im Fall der PKK; und der Gegner ist in Zahl und Ausrüstung unterlegen. Doch gegen einen Einmarsch nach Syrien hat die Armeeführung der Risiken wegen in den vergangenen Jahren immer wieder argumentiert. Jetzt steht sie möglicherweise bald vor der Aufgabe, eine "Sicherheitszone" auf syrischem Gebiet entlang eines Abschnitts der Grenze zu Türkei zu verteidigen. Die politische Führung in Ankara hatte stets für eine solche Zone plädiert.

Armeechef Özel, der am 14. August sein Amt abgeben wird, ist dabei der erste türkische General, dessen Ernennung von der demokratisch gewählten Regierung des Landes entschieden wurde. Im Sommer 2011 waren der damalige Generalstabschef Işık Koşaner und die Befehlshaber von Marine und Luftstreitkräften aus Protest gegen die fortgesetzten Verhaftungen von Offizieren und Generälen zurückgetreten.

Sieg der Zivilisten

Özel, der Kommandant der Gendarmerie, wurde von dem damaligen Premier Tayyip Erdoğan und Staatspräsident Abdullah Gül zum neuen Armeechef gemacht; er blieb auch vier statt der üblichen zwei Jahre im Amt. Koşaners Rücktritt und Özels Ernennung gelten als endgültiger Sieg der Zivilisten über die Armee in der Türkei.

Armee und Regierung – Letztere ist ironischerweise derzeit nicht gewählt, sondern amtiert übergangsweise seit den Wahlen von Anfang Juni – sehen sich nun Vorwürfen ausgesetzt: Sie sollen den Tod von Zivilisten bei dem Bombardement eines nordirakischen Dorfs am vergangenen Wochenende verschuldet haben. Beide stellen das in Abrede und sprechen von einem PKK-Lager, doch Bilder aus dem Dorf Zergele zeigen in den Trümmern der Häuser auch Schulzeugnisse und eine Kinderpuppe.

Premier Davutoğlu wurde mit der Äußerung zitiert: "Wir sind bereit, nötigenfalls unsere Kinder und unser eigenes Leben zu opfern." Mehrere türkische Medien veröffentlichten daraufhin die Liste von Verwandten von Regierungspolitikern, die sich vom Armeedienst freigekauft haben. (Markus Bernath, 3.8.2015)