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Kroatische Soldaten.

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Eine aktuelle Plakatkampagne gegen die Militärparade: "Der Krieg ist aus, geht nach Haus!"

Foto: Nikola Solic, Facebook / Centar za mirovne studije

Der zwölfjährigen Mia aus Rijeka wurde eine Militärmütze aufgesetzt, während sie bei der Generalprobe die kroatische Hymne sang. Am Dienstagabend findet nun in Zagreb die Militärparade anlässlich des 20. Jahrestags der "Militäroperation Sturm" statt. Soldaten mit riesigen kroatischen Flaggen marschieren auf. In Knin, einer zentralen Stadt im Südwesten Kroatiens, die im Juli 1995 zurückerobert wurde, wurde eine überlebensgroße Statue des damaligen Präsidenten Franjo Tudjman auf der Festung aufgestellt.

Die Gedenkfeiern zu "Oluja" – so heißt die Militäroperation auf Kroatisch – sorgen seit Jahren für Zwist. Denn als damals die kroatische Armee legitimerweise die Krajina zurückeroberte, die ab 1991 von serbischen Truppen besetzt worden war, wurden Zehntausende Serben aus dem Gebiet vertrieben oder sie flohen. Kroatische Sonderpolizisten verübten zahlreiche Verbrechen gegen die serbische Zivilbevölkerung.

So wurden in dem Dorf Grubori am 25. August fünf ältere Serben ermordet. Tausende Häuser von Serben wurden angezündet. Für national denkende Kroaten ist "Oluja" trotzdem gleichbedeutend mit dem "Sieg im glorreichen Heimatkrieg", für viele Serben in Kroatien ist "Oluja" aber mit dem Verlust der Heimat verbunden. Manche, die nach Serbien flüchteten, leben bis heute in Lagern.

An Rückkehr gehindert

Einer der Anführer der kroatischen Serben damals, Milan Martić, ordnete die Evakuierung am 4. August an. Da hatten sich aber bereits viele Serben in Kolonnen von Traktoren aus Kroatien hinaus bewegt. Faktum ist, dass viele nie zurückkehrten und manche auch daran gehindert wurden. Es gibt einzelne Prozesse gegen Kriegsverbrecher in Kroatien. Die für "Oluja" verantwortlichen Generäle Ante Gotovina und Mladen Markać wurden aber vom Kriegsverbrechertribunal 2012 freigesprochen.

Heute, 20 Jahre später, versucht Kroatien militärische Stärke zu zeigen, kritische Distanz haben nur wenige. Die Zeitung "Vecernji list" fordert ihre Leser auf, Fotos von ihren beflaggten Häusern einzuschicken. Man werde die Schönsten veröffentlichen. Ein ganzes Land scheint in nationalem Siegestaumel zu versinken. Doch manchen Kroaten gehen die teuren Feiern auch auf die Nerven – und das nicht unbedingt, weil man sich im Nachbarland Serbien darüber empört, sondern weil sie diese selbst überflüssig finden. So wurden Plakate zur Parade mit orangen Bannern überklebt, auf denen steht: "Der Krieg ist aus, geht nach Haus!" Friedensaktivisten fordern, dass das "Dröhnen der Flugzeuge und Panzer in den Köpfen unserer Politiker und Mitbürger" endlich aufhören soll.

Nationalismus vermeiden

Dabei wurde die Militärparade in der Hauptstadt Zagreb von Premier Zoran Milanović eigentlich deshalb erdacht, um die nationalistischen Aufmärsche in Knin an diesem 20. Jahrestag zu vermeiden. Das Gedenken in Knin wurde bereits in den "vergangenen zehn Jahren von Nationalisten instrumentalisiert", wie der Politologe Dejan Jovic von der Universität Zagreb sagt. Die konservative HDZ und Veteranenorganisationen nutzten die Knin-Feiern, um gegen die Politik der Expräsidenten Stjepan Mesic, Ivo Josipović und nun gegen den Sozialdemokraten Milanović zu protestieren. Sein Plan, die Knin-Feiern zu verhindern, ging nicht wirklich auf. Auch weil Präsidentin Kolinda Grabar-Kitarović dagegen arbeitet. Auch heuer wird dort "gefeiert".

Jovic meint, dass "Oluja" aber nur der "Eisberg einer Politik ist, die den Krieg mehr feiert als dessen gedenkt". Dies würde gemacht, um Anhänger vor den bevorstehenden Wahlen zu mobilisieren und Minderheiten, insbesondere Serben als "unpatriotisch" zu diskreditieren. Jović betont, dass Kroatien nicht durch die Operation Oluja seine volle Souveränität wieder erlangte und die von serbischen Einheiten besetzten Gebiete wieder in den Staatsverband integriert wurden, sondern durch den Friedensvertrag von Erdut im November 1995.

Dieser wird in Kroatien leider gar nicht gefeiert. "Oluja" sei nur ein Schritt zur Reintegration des Territoriums, aber nicht der Bevölkerung gewesen. "Es symbolisiert also eine Politik, die eine Reintegration Kroatiens ohne Serben anstrebte", so Jović.(Adelheid Wölfl aus Zagreb, 4.8.2015)