Stockholm – Die neue Kampagne der rechtspopulistischen Schwedendemokraten (SD) hat für Aufsehen und Kritik gesorgt. Auf englischsprachigen Postern und Spruchbändern in der vielbesuchten Stockholmer U-Bahn-Station Östermalmstorg richtet sich die Partei vordergründig an Touristinnen und Touristen und entschuldigt sich für das "Chaos" in Schweden.

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"Entschuldigung für das Chaos hier in Schweden" richten die Schwedendemokraten aus.
Foto: REUTERS/Bertil Ericson/TT News Agency

Es gebe ein "ernsthaftes Problem mit erzwungenem Betteln", "internationale Banden" würden von der Verzweiflung anderer profitieren. "Die Regierung tut nicht, was notwendig ist", beklagen die Schwedendemokraten. Nach den nächsten Wahlen 2018 soll es "besser" sein, die Rechtspopulisten versprechen "echte Veränderung" und zieren ihre Kampagne mit ihrem unschuldig aussehenden Leberblümchen-Logo.

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"Schweden sollte es besser machen!", fordern die Schwedendemokraten und bilden Obdachlose ab.
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In Schweden hagelte es Kritik an der Kampagne sowie an der Stockholmer Nahverkehrsgesellschaft SL, die die Werbeaktion in der U-Bahn-Station erlaubt. Ihr Sprecher argumentiert, man müsse alle politischen Parteien gleich behandeln, sofern sich ihre Äußerungen im Einklang mit den Gesetzen befinden.

Auch wegen einiger orthografischer Fehler erntete die Kampagne Kritik und Häme. Beispielsweise wurde das englische Wort für Regierung "Goverment" geschrieben. Auch der Aufruf "Welcome back to a better Sweden in 2018" wurde offensichtlich direkt aus dem Schwedischen übersetzt, auf Englisch ergibt es aufgrund der zeitlichen Reihenfolge wenig Sinn, jemanden jetzt für das Jahr 2018 "Willkommen zurück" zu heißen.

Online verbreiteten sich Gegenaktionen, beispielsweise entschuldigte sich die Jugendorganisation der Liberalen Partei auf einem Flugblatt, das sie auf Twitter und Facebook teilte, für "die lächerliche Nachricht" der SD.

Mit den Worten "Wir haben ein großes Problem mit einer rassistischen Partei im Parlament", wird die "Entschuldigung" der Rechtspopulisten imitiert. Für Dienstagabend wurde über Facebook zu einer Demonstration gegen die neue SD-Kampagne und die "Normalisierung von Rassismus in Schweden" aufgerufen, zu der sich 12.000 Teilnehmer anmeldeten.

Die Organisatoren hinter dem Protest zeigten sich "schockiert" über die Kampagne und die Tatsache, dass "diese rassistischen Meinungen" in der U-Bahn-Station erlaubt werden. Die Schwedendemokraten würden versuchen, Bettler zu "kriminalisieren und zu entmenschlichen".

Schwedendemokraten legen in Umfragen zu

Die Schwedendemokraten präsentieren sich als EU-skeptische, patriotische Partei. Ihre Wurzeln reichen allerdings in die Neonazi-Szene, und Parteimitglieder geraten wegen rassistischer und diskriminierender Äußerungen immer wieder in die Kritik, auch wenn die Parteiführung versucht, gegen radikale Mitglieder vorzugehen.

Jüngsten Umfragen zufolge legte die Popularität der Partei zuletzt zu, fast 19 Prozent der schwedischen Bevölkerung würden den Schwedendemokraten ihre Stimme geben, wie eine Erhebung zeigt, die in der Boulevardzeitung "Expressen" veröffentlicht wurde. Bei den Wahlen im September hatten sie 12,9 Prozent erreicht und damit um mehr als sieben Prozent zugelegt.

Der Aufschwung der SD geht der Umfrage zufolge in erster Linie auf Kosten der bürgerlichen "Moderaten", die bis vor einem Jahr mit Fredrik Reinfeldt den Regierungschef stellten. Der rot-grüne Block des aktuellen Ministerpräsidenten Stefan Löfven verlor ebenfalls leicht, liegt mit insgesamt 39,4 Prozent aktuell aber weiter vor dem konservativen Block mit 38,7 Prozent. Da sich die Schwedendemokraten außerhalb der beiden bestehenden Blöcke positionieren (beziehungsweise von ihnen ausgeschlossen werden), wird die Wahrscheinlichkeit einer Regierungsbeteiligung – etwa wie auf dem Plakat angedeutet 2018 – als sehr gering eingeschätzt. (maa, 4.8.2015)