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Foto: EPA/PATRICK STRAUB

Lemminge, überall. Auf Trottoirs, Autobahnen, Seepromenaden. In Bahnhöfen, Kaffeehäusern, Fußgängerzonen. Fuhren die Morgenzüge in den ersten Bahnhof ein, besetzten die Tiere bereits alle Sitzplätze, Zubringerstraßen und Radwege waren zu jeder Stunde heillos verstopft. Sämtliche Wege, die bis anhin von Menschen begangen worden waren, wurden nun von abertausenden Lemmingen benutzt. An schnelles Vorwärtskommen war nicht mehr zu denken. Um morgens rechtzeitig zur Arbeit zu kommen, lernte man, auf Geländern, Mauern und Abschrankungen zu balancieren, längere Strecken wurden zu Fuß den Bahngleisen und Straßenrandböschungen entlang bewältigt. Ein komplett neues Körpergefühl hielt Einzug, Akrobatik war zur Überlebensfrage geworden. Bald vervielfachten sich die Umsätze im Segment der Kletterausrüstungen, weil die Leute ihre Wohnungen nur noch über die Fassade erklimmen konnten. Als die Arbeitnehmer schließlich begannen, ihre Mittagsjause auf den Bäumen zu verzehren, wusste man, dass ein neues Zeitalter angebrochen war. Es war das Zeitalter der begierig-freundlichen Blicke, das Zeitalter einer neu entdeckten Liebe des Menschen zu sich selbst. (Album, 8.8.2015)