Wien – Der Stromverbrauch in Österreich nimmt wieder zu, im ersten Halbjahr 2015 um 1,9 Prozent auf gut 35.000 Gigawattstunden (GWh). In der Vergleichsperiode des Vorjahres gab es noch einen Rückgang um 1,6 Prozent – Ausdruck auch der tiefen Krise, in der Österreichs Wirtschaft damals noch steckte.

"Die Zahlen stimmen optimistisch, weil sie das Anspringen der Konjunktur widerspiegeln, wie das auch vom Wirtschaftsforschungsinstitut dokumentiert worden ist", sagte der Vorstandsdirektor der Regulierungsbehörde E-Control, Martin Graf, dem STANDARD. "Die Zahlen zeigen aber auch, dass die Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Stromverbrauch noch nicht so gelungen ist, wie von verschiedener Seite gewünscht." Der Großteil des Mehrkonsums entfiel auf das erste Quartal, doch auch im zweiten Quartal gab es mit Ausnahme des Monats Mai (siehe Grafik) Verbrauchszuwächse.

Energieeffizienz

Das Energieeffizienzgesetz, das Anfang des Jahres in Kraft getreten ist, schlägt sich in den Zahlen zum Stromverbrauch bis Juni noch nicht nieder. Verkäufer von Energie sind, wie berichtet, angehalten, ihren Energieabsatz Jahr für Jahr um 0,6 Prozent zu senken.

Maßnahmen wie die Verteilung energiesparender LED-Lampen werden angerechnet; wie viel Punkte es für welche Maßnahmen gibt, soll in einer Verordnung des Wirtschaftsministeriums, das in dieser Angelegenheit federführend ist, demnächst festgelegt werden.

Mehr Strom wird erzeugt

Gestiegen ist im Berichtszeitraum auch die erzeugte Strommenge, und zwar um 10,3 Prozent auf 33.800 GWh. Die stärksten absoluten Zuwächse gab es bei den Laufwasserkraftwerken mit 950 GWh – Ausdruck einer deutlich verbesserten Wasserführung.

Mehr Strom erzeugten von Jänner bis Juni auch Windkraftwerke (plus 750 GWh) so wie Steinkohle- (plus 600 GWh) und Gaskraftwerke (plus 400 GWh). Die thermische Stromerzeugung legte ebenfalls zu, was Graf auf die Ende April erfolgte Schließung des Verbund-Blocks in Dürnrohr zurückführt. Da seien zuvor noch Restbestände an Kohle verfeuert worden.

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Die Stromimporte sind zurückgegangen
Foto: APA/dpa/Julian Stratenschulte

Weniger Importe

Eine überraschende Wende gab es bei der Ein- und Ausfuhr von Strom. Nachdem die Importe zuletzt stark zugenommen haben, scheint nun die Decke erreicht. "Österreich hat in den ersten sechs Monaten deutlich weniger Strom aus dem Ausland importiert, dafür wesentlich mehr exportiert als im Vorjahreshalbjahr", erklärte Graf. Das hänge mit der besseren Wasserführung zusammen, zum anderen auch mit Stützungsmaßnahmen für das deutsche Stromnetz (Redispatch).

In manchen Stunden des Jahres sei deutlich mehr Strom importiert worden als 2014, teilweise um bis zu 80 Prozent. "Das war billiger Strom, den die deutschen Haushalte über die Ökostromumlage finanzieren", sagte Graf. In Summe sei aber weniger importiert worden als zuletzt.

Deutschland lässt pumpen

Es zeige sich deutlicher denn je, dass die Netzsituation nicht immer gleich ist. Dass das Netz mitunter stark belastet werde, hänge auch mit Problemen in Deutschland zusammen. "Häufiger als früher sind Österreichs Pumpspeicher von Deutschland zum Pumpen aufgefordert worden, damit die überhaupt ihren Strom wegbekommen", so Graf. Das habe dann zum Anstieg der Importe geführt, auf Geheiß des deutschen Übertragungsnetzbetreibers Tennet. Dieses Argument könne somit nicht für eine Trennung der gemeinsamen Preiszone zwischen Österreich und Deutschland angeführt werden.

An einem Ausbau der Netze führe dennoch kein Weg vorbei, meint man in der E-Control. Neben einer verbesserten Sicherheit bei der Stromversorgung könne das Bauprogramm auch die Konjunktur zusätzlich beleben. (Günther Strobl, 8.8.2015)