Eisenstadt – Einen Monat nach dem Start der rot-blauen Koalition im Burgenland zeigt sich Landeshauptmann HansNiessl (SPÖ) sowohl mit dem Arbeitstempo als auch mit dem Klima in der Landesregierung zufrieden. Die vierte Legislaturperiode in seiner Amtszeit sei "jene, die mit dem meisten Schwung, mit der intensivsten Arbeit gestartet ist", sagte Niessl im Interview mit der APA.

In Abstimmung mit dem Koalitionspartner FPÖ habe man bisher rund 170 Beschlüsse in der Landesregierung bzw. im Landtag gefasst. "Das ist sicher intensiver als in den drei Perioden vorher", so der Landeshauptmann.

"Sicherheitspolitik wird ernst genommen"

Vor einem dreiviertel Jahr hingegen sei seine Forderung nach einem Assistenzeinsatz des Bundesheeres noch "von der ÖVP Burgenland konterkariert worden". Die Landes-ÖVP habe mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) im Vorwahlkampf und im Wahlkampf einen Assistenzeinsatz "verhindert", argumentierte Niessl. "Und das ist der Unterschied zu früher: Jetzt wird Sicherheitspolitik in der Regierung ernst genommen."

Die Innenministerin sei gefordert, die Assistenzleistung des Bundesheeres anzufordern, um Polizei und Rotes Kreuz, die schon "übermenschliches leisten müssen im Bereich des Asylwesens", zu entlasten. Das Heer könnte etwa den Transport der aufgegriffenen Asylwerber in die Sammelstelle und zu den Verteilerzentren bzw. Erstaufnahmestellen, medizinische Versorgung, das Kochen und die Essensausgabe übernehmen. "Die Polizei soll auch an der Grenze kontrollieren." Dies sei auch im Koalitionsabkommen festgelegt.

"Die Europäische Union hat in der Asylfrage bis jetzt versagt", so der Landeshauptmann. Niesslerneuerte seine Forderung nach einer Differenzierung "zwischen Kriegsflüchtlingen und Arbeitsflüchtlingen und Flüchtlingen aus sicheren Drittländern" sowie nach einem "Asyl auf Zeit". In Österreich müsse man "Maßnahmen setzen, dass die Rückführungen funktionieren".

Kritik an Statistik

Dass jene rund 300 Flüchtlinge, die "rund um die Uhr" in den drei im Burgenland eingerichteten Sammelstellen versorgt würden, vom Innenressort nicht bei der Quote für Asylwerber – die das Burgenland derzeit nicht erfüllt – mitberücksichtigt würden, kritisierte Niessl: Burgenland leiste "mehr, als in der Statistik aufscheint und wir erwarten uns, dass das auch berücksichtigt wird". Bei der Betreuung unbegleiteter Minderjährige erfülle man die Vorgaben zu 116 Prozent. Daran erkenne man, dass das Land "große Anstrengungen" unternehme.

Dass in Eisenstadt am Gelände der Landespolizeidirektion Zelte errichtet wurden, interpretiert Niesslnicht als Folge der Nichterfüllung der Quote im Burgenland insgesamt, sondern als Versäumnis der Landeshauptstadt mit BürgermeisterThomas Steiner (ÖVP).

Er gehe davon aus, dass das Burgenland die Quote bald erfüllen könne. Traglufthallen hält Niesslallerdings für "problematisch, weil wir im Burgenland ja kleine Einheiten haben". Zur Möglichkeit von Containerdörfern meinte der Landeshauptmann: "Man muss immer schauen, dass das im Einvernehmen mit den Bürgermeistern stattfindet und dass eine gewisse Toleranzgrenze der Bevölkerung nicht überschritten wird. Die Leute akzeptieren pro 1.000 Einwohner zehn Asylwerber". Wenn die Toleranzgrenze überschritten werde, "dann gibt es ein Problem".

Über die von den Freiheitlichen angeregte Volksbefragung zum Asylthema könne man noch nicht diskutieren, weil das Gesetz, das ein Durchgriffsrecht der Bundesregierung in der Raumplanung bis auf Gemeindeebene vorsieht, noch nicht vorliege. "Grundsätzlich halte ich für problematisch, dass in die Gemeindeautonomie eingegriffen wird", so Niessl.

"Große Brocken" im Herbst

Theoretisch könne ja auch im Gesetz stehen, "dass man dort eingreift, wo man nicht die ein Prozent Asylwerber, umgelegt auf die Bevölkerung, einhält. Dann entspricht das dem Koalitionsübereinkommen, das die SPÖ und die FPÖ im Burgenland haben". Das wäre "vernünftig, dann erübrigt sich ja die Volksbefragung überhaupt zur Gänze".

Was die Arbeit in der Landesregierung betrifft, wolle die Koalition im Herbst "große Brocken" präsentieren. Dazu gehörten die Verwaltungsreform und das "gläserne Land Burgenland" mit transparenter Darstellung der 150 Landesbeteiligungen. Im Land werde es weniger Abteilungen und weniger Führungspersonal geben, auch bei den Landesbeteiligungen werde eingespart. Den ersten Schritt habe man bereits mit dem Beschluss zur Abschaffung des Landesschulrats-Vizepräsidenten gesetzt.

Die Opposition muss sich allerdings mit der Behandlung ihrer Forderung nach Wiedereinführung des Klubstatus bei zwei statt derzeit drei Abgeordneten noch gedulden. Eine neuerliche Reform der Landesverfassung steht nämlich für den Landeshauptmann derzeit nicht zur Debatte: "Man sammelt alle Vorschläge, und am Ende der Periode kann es wieder eine Diskussion geben." (APA, 9.8.2015)