Wenn die Politik nichts tut, dann müssen wir die Sache eben selbst in die Hand nehmen. Wir sind ja autonom. Lasst uns machen! Das ist der Tenor des Präsidenten der Universitätenkonferenz (Uniko), Heinrich Schmidinger, wenn er im STANDARD-Interview entnervt von der jahrelangen Im-Kreis-Dreherei, die hierzulande als "Hochschulpolitik" firmiert, fordert, dass doch jede Universität selbst den Zugang zu ihren Studien regeln dürfen sollte.

Es ist eine Forderung, die eine Leerstelle in der österreichischen Unipolitik anspricht, deren Leidtragende die Universitäten und vor allem deren Studierende und die dort in Lehre und Forschung Tätigen sind. Denn faktisch sind die Universitäten mehr oder weniger sich selbst überlassen. Ein Fall von staatlicher Kindesweglegung.

Ein Politikfeld, das in anderen Ländern als grundlegend für die Entwicklung einer Gesellschaft und, ja, auch Volkswirtschaft verstanden und entsprechend organisiert und finanziert wird, ist von SPÖ und ÖVP in partnerschaftlicher Mittäterschaft so ignorant ins politische Out verräumt worden, dass der Selbstmach-Impuls von Rektorenseite nicht verwundert.

Sie sollen mit – das wird ja nachgerade als folkloristische Eigenheit der hiesigen Unipolitik gehandhabt – unbestritten viel zu wenig Geld ihrem wichtigen Auftrag nachkommen. Irgendwie halt. Hauptsache, ruhig.

Und jetzt der Ruf nach autonomer Zugangsgestaltung durch jede der 21 öffentlichen Unis. Eine Art Selbsthilfe. Denn international ist das nicht nur in der Topliga üblich, und auch in Österreich suchen sich die künstlerischen Unis, aber auch die Fachhochschulen ihre Studierenden selbst durch differenzierte Auswahlverfahren und Zulassungsprüfungen aus – abhängig von ihren Kapazitäten. Niemand würde die Sinnhaftigkeit infrage stellen. Nur die wissenschaftlichen Unis sollen sich in einem unorganisierten, ungeregelten, unterdotierten Teich abstrampeln und nach Möglichkeit nicht untergehen.

Den Zugang je Uni selbst zu regeln würde jedoch jenen die Verantwortung abnehmen, deren Job es eigentlich wäre, sie zu tragen. Denn solange sich der Staat eigene Universitäten leistet – und das ist eine seiner wichtigsten Aufgaben, wenngleich er ihr im Moment nur höchst mangelhaft nachkommt -, muss er auch bei grundlegenden Fragen mitreden und politische Entscheidungen treffen. Insbesondere deshalb, da Zugangsfragen immer auch soziale Verteilungsfragen sind, wenngleich diese nicht erst am Unieingang zu stellen sind, sondern viel früher. Vor diesen Entscheidungen drückt sich nicht erst die jetzige Regierung.

Dennoch: Österreich ist schon zu klein für die vielen föderalistischen Neunfachvarianten in den verschiedensten Bereichen. Es ist erst recht zu klein für 21 verschiedene Unizugangspolitiken. In einem System, das ohnehin nicht zuletzt durch die universitäre Autonomie großen Fliehkräften ausgesetzt ist, würde das eine destruktive, darwinistische Wettbewerbssituation provozieren, die wohl nicht nur akademischen Ehren genügen würde.

Es geht also um Verantwortungsübernahme. Es ist Zeit, dass auch in Österreich endlich jemand mit politischer Autorität und Souveränität sagt: Universitäten sind wichtig – uns, für uns, das ganze Land, und dementsprechend werden wir unsere politische Agenda gestalten und priorisieren.

Aber es ist doch immer irgendwas anderes wichtiger ... Ja, eh. Warum nicht einmal die Universitäten? (Lisa Nimmervoll, 11.8.2015)