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Ein chinesischer Soldat in Zivil überwacht die Abschlusszeremonie des Volkskongresses in Peking.

Foto: AP Photo/Andy Wong

Die Einladung zur Diskussion über den umstrittenen chinesischen Gesetzesentwurf zu Rechten und Pflichten ausländischer Nichtregierungsorganisationen (NGOs) kam überraschend – und kurzfristig: Schon am nächsten Tag mögen sich die Vertreter der Schanghaier Generalkonsulate von Deutschland, den USA und Großbritannien mit Polizeiminister Guo Shengkun sowie mit den Vizeministern des Außen- und Zivilministeriums und Schanghais Bürgermeister treffen. Ebenso kurzfristig wurden auch die Vertreter der Mercator-Stiftung sowie von zwei NGOs und mehrere Wirtschaftsdelegierte eingeladen.

Thema der ungewöhnlichen, zweistündigen Konferenz war dann das im zweiten Entwurf vorliegende, bald verabschiedungsreife neue chinesische NGO-Gesetz. Kritiker nennen es eine Bedrohung für die Nichtregierungsorganisationen und werten es als Zeichen für die innenpolitische Verhärtung und als ideologische Hürde für die weitere Reform und Öffnung des Landes.

"Gute Absichten"

Polizeiminister Guo versicherte, dass hinter dem neuen Gesetz nur "gute Absichten" steckten, um die Arbeit der NGOs und ihren Rechtsstatus zu schützen. Chinas Regierung würde ihr Engagement "hochgradig anerkennen", und er fügte hinzu: "Wir heißen NGO-Initiativen willkommen und unter-stützen sie, wenn sie zum freundschaftlichen Austausch und zur Kooperation zu uns kommen" – und wenn sie sich an Chinas Recht halten.

Doch die Gegner des Gesetzes sagen, dass es die zivilen Organisationen mit ihren 24 vage formulierten Verboten unter Generalverdacht stelle: Die Polizei entscheide, ob eine NGO gegen das Gesetz verstößt. Tatsächlich darf sie Büros auf Verdacht hin durchsuchen, Unterlagen und Bankkonten inspizieren, Pläne einsehen und Mitarbeiter befragen. Rechtsgrundlage: Das neue Gesetz unterstellt die Kontrolle über Auslands-NGOs den Sicherheitsbehörden – bisher war das Zivilministerium zuständig. China rücke so dem Polizeistaat näher, heißt es.

Späte Imagekampagne

Betroffen sind derzeit rund 7.000 Nichtregierungsorganisationen aller Art, auch Stiftungen und Wirtschaftsverbände. 1.000 sind sogenannte 100-Prozent-Auslands-NGOs. Alle anderen arbeiten mit dem Ausland wenigstens teilweise zusammen.

Die weltweite Kritik an solchen Gesetzen, die der Willkür Tür und Tor öffnen, hat Chinas Image als Reformstaat belastet. Mit der unauffällig in Schanghai einberufenen Konferenz startete Polizeiminister Guo nun eine Propagandaoffensive zur Schadensbegrenzung: Motto: "China mag die NGOs". Auslandskorrespondenten wurden allerdings nicht eingeladen – im Gegensatz zu chinesischen Fernseh- und Zeitungsjournalisten, die später sogar auf den Titelseiten die von Peking erwünschte Botschaft brachten, wie positiv ausländische NGOs doch gesehen würden.

Das Parteiblatt "Global Times" lobte gar: "China mag sie und verhält sich ihnen gegenüber besonders tolerant."

Bedenken gegen Gesetz

Ein Termin, wann das NGO-Gesetz in Kraft tritt, wurde bisher nicht genannt – und auch nicht, ob sich an den 67 Paragrafen des Entwurfs noch etwas geändert hat. Die Schanghaier Diplomaten sprachen die internationalen Bedenken gegen das neue Gesetz an. Xu Xianming, Vizeleiter der Gesetzgebungskommission im chinesischen Volkskongress, gab ihnen als Antwort, dass gegen den NGO-Gesetzesentwurf nur einige Hundert Einsprüche eingegangen seien – weit weniger als bei anderen neuen Gesetzen. Er wertete dies als Zeichen der überwiegenden Zustimmung der Bevölkerung.

Xu erwähnte aber nicht, was aus dem kollektiv unterzeichneten Einspruch von 30 Anwälten aus 13 Provinzen Chinas wurde: Sie schrieben, dass die "Lex Auslands-NGOs" – Teil eines Pakets von 2015 auf den Weg kommenden nationalen Sicherheits- und Internetgesetzen – nicht zur "Politik der Reform und Öffnung passt". China gehe repressiver gegen NGOs vor als Russland.

Die Anwälte, die ihren Einspruch auch ins Internet stellten, fanden auch das "überhastete" Tempo verdächtig, mit dem Peking den Gesetzesentwurf durch das Parlament getrieben hat. Am 30. Oktober 2013 sei das Gesetz nicht einmal in der Planung des Volkskongresses enthalten gewesen, außerdem würden die vielen Verbote gegen die NGOs nicht das "Selbstbewusstsein China als große und aufsteigende Nation widerspiegeln". (Johnny Erling aus Peking, 13.8.2015)