Für Gewerkschaftschef Hermann Greylinger könnten Grenzkontrollen für politische Beruhigung sorgen. Aus Traiskirchen wurden 500 Flüchtlinge verlegt.

Foto: Christian Fischer

Österreichs oberster Polizeigewerkschafter Hermann Greylinger kann sich angesichts der steigenden Anzahl von Flüchtlingen die temporäre Wiedereinführung von Grenzkontrollen vorstellen. "Das ist ein überlegenswerter Gedanke", sagte er dem STANDARD. Damit ist Greylinger auf einer Linie mit Rainer Wendt, dem Vorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft.

Es müsse mehr Polizei in den Grenzraum gebracht werden. Das sei aber sehr personalintensiv. "Es ist unmöglich, alles lückenlos zu überwachen." Temporäre Grenzkontrollen seien "eine Möglichkeit. Ob es Verbesserung bringt, wage ich zu bezweifeln." Für Greylinger von der Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter (FSG) könnten Grenzkontrollen aber zumindest für eine "politische Beruhigung" sorgen.

Grenzkontrollen "keine Priorität"

Aus dem Innenministerium heißt es, dass man die Wiedereinführung von Grenzkontrollen nicht ausschließe. Dem werde derzeit aber "keine Priorität" eingeräumt. Verstärkt würden aber Kontrollen im grenznahen Raum sowie auf großen Straßen- und Zugverbindungen. 1.350 speziell geschulte Beamte stehen dafür zur Verfügung.

Das Ministerium verweist auch auf Kontrollen von österreichischen Beamten auf ungarischem Hoheitsgebiet, die auf Zugstrecken von Ungarn über Österreich nach Deutschland dank trilateraler Abkommen möglich sind. Derzeit kontrollieren österreichische Beamte täglich drei bis vier überregionale Züge auf dieser Strecke in Ungarn. Vor einem halben Jahr waren es täglich noch ein bis zwei Züge. Dazu kommen innerhalb Österreichs wöchentlich zehn ergänzende Zugkontrollen.

Die Anzahl der auf der Zugstrecke Richtung Passau von Ungarn kommenden und von Beamten des Stützpunkts Wien aufgegriffenen Flüchtlinge ist stark steigend: Im März waren es 393 Flüchtlinge, im Juli bereits 1.320.

1.600 Plätze pro Woche

Die Ursache für das Chaos beim Umgang mit Flüchtlingen in Österreich sieht man im Innenministerium weiter beim Mangel an Quartieren in den Ländern. Pro Woche seien rund 1.600 neue Plätze für Flüchtlinge nötig, seitens der Länder würden aber nur 600 Plätze zur Verfügung gestellt. Im Innenministerium warte man auf eine Einigung über das geplante Verfassungsrecht, das dem Bund Durchgriffsrechte gegenüber Ländern und Gemeinden sichert. Am Montag wird weiterverhandelt. Das Innenministerium rechnet bis Ende des Jahres noch mit 35.000 Schlafplätzen, die für Flüchtlinge benötigt würden.

500 Flüchtlinge aus Traiskirchen verlegt

In Traiskirchen ist die Lage mit Obdachlosen und Flüchtlingen in Zelten laut Ministerium weiterhin "prekär" – aber es konnte eine "sanfte Entspannung" erreicht werden: Am Wochenende wurden 500 Flüchtlinge in andere Notquartiere in den Bundesländern verlegt.

Seit einer Woche kann das Innenministerium direkt Quartiere an NGOs zuweisen. In einem ersten Schritt könnte das Rote Kreuz noch im August 500 Asylwerber von Bundesstellen übernehmen. "Es gibt gute Gespräche", sagte Ministeriumssprecher Karl-Heinz Grundböck.

Vorwürfe Bayerns gegen Österreich, Italien und Griechenland

Nachdem er zuvor in der Flüchtlingspolitik "riesige Probleme" an der Grenze zu Österreich geortet hat, hat der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) Italien und Griechenland vorgeworfen, mit ihrem Umgang mit Flüchtlingen eklatant gegen EU-Vereinbarungen zu verstoßen und deutschen Steuerzahlern die Folgekosten aufzubürden.

Es gehe gar nicht, "dass diese Länder Flüchtlinge ohne Registrierung einfach an den Rest Europas weiterleiten", sagte Herrmann der "Welt" (Montagsausgabe). Dies sei für die Sicherheit Europas bedenklich "und belastet unsere Zusammenarbeit".

Der CSU-Politiker kritisierte, dass sowohl Italien als auch Griechenland "krass gegen das Schengen-Abkommen und gegen die Dublin-Verordnung verstoßen", nach der ein Flüchtling nur in dem Staat Asyl beantragen kann, in dem er den grenzkontrollfreien EU-Raum erstmals betreten hat. "Dieses rücksichtslose Verhalten geht vor allem zulasten der deutschen Steuerzahler", sagte Herrmann. (APA, David Krutzler, 16.8.2015)