Lizzy Mercier Descloux: "Press Color" (Light in the Attic / Hoanzl).

cover: Lightintheattic

Lizzy Mercier Descloux: "Jim on the Move".

Light In The Attic Records

Lizzy Mercier Descloux: "Hard Boiled Babe".

Light In The Attic Records

Es waren einmal zwei Franzosen, die hießen Lizzy Mercier Descloux und Michel Esteban. Das Paar entfachte in Frankreich als eines der ersten ein Flämmchen namens Punk. Das war Mitte der 1970er. Nach einem New-York-Aufenthalt beschlossen die beiden, dorthin zu ziehen. Esteban gründete das Label ZE Records und wurde zu einem der wesentlichen Chronisten des New Yorker (Post-)Punk. Er veröffentlichte Alben von James Chance, Suicide, John Cale, Bill Laswell oder Lydia Lunch. Oder von Kid Creole & The Coconuts, der mit Hits wie Annie, I’m Not Your Daddy den meisten Rubel einfuhr.

In der Zeit nahm Lizzy Mercier Descloux ihr Debütalbum auf: Press Color. Das war 1979 und hinterließ im damaligen Krach keine tieferen Spuren. Von heute aus betrachtet stellte sie sich damit auf Augenhöhe zu den frühen Arbeiten der Talking Heads, wenngleich Descloux' Akzent zusätzliche Exzentrik verbreitete. Press Color ist nun neu aufgelegt worden. Das schmale, gerade acht knappe Stücke umfassende Original wurde um Bonustracks erweitert, darunter eine lyrische Zusammenarbeit mit Patti Smith, das Poem Morning High, eine vertonte Heimsuchung eines Textes von Arthur Rimbaud.

Punk und Latin

Das ehrt zwar das Andenken an die 2004 verstorbene Musikerin, Press Color überzeugte auch so. Descloux' in die Gefilde der schwarzen Stadtteile New Yorks getragener Minimalismus zeitigte einen Funk, wie ihn etwa ESG in der Bronx gespielt haben, dividiert durch die knisternden V-Pullover der Talking Heads.

Mit diesem Ansatz interpretierte sie Arthur Browns amouröse Scheiterhaufenfantasie Fire sowie den Titelsong der Fernsehserie Mission Impossible. In diesen Liedern schimmert die Faszination für Latin durch, die Kid Creole in den Mainstream trug, während sie sich bei Descloux in einer Schnittmenge aus Punk und Disco verorten lässt. In den dem Original nun neu hinzugefügten Aufnahmen finden sich zudem weitere Perlen dieser weitgehend in Vergessenheit geratenen Randfigur aus der immergrünen New Yorker Punkszene, etwa das hübsche Hard Boiled Babe.
Allemal eine Entdeckung. (flu, Rondo, 21.8.2015)