Der Klimawandel macht dem borealen Nadelwald zu schaffen, berichten Forscher in "Science".

Foto: Pierre Bernier

Laxenburg – Boreale Nadelwälder machen knapp ein Drittel der von Bäumen bedeckten Gebiete auf der Erde aus und speichern mindestens genau so viel Kohlenstoff wie tropische Regenwälder. Sie geraten jedoch durch den Klimawandel zunehmend unter Druck und brauchen mehr Schutz, berichtet ein Forschungsteam mit heimischer Beteiligung im Fachblatt "Science".

"Die borealen Wälder könnten in diesem Jahrhundert an einem Wendepunkt angelangen", erklärte Anatoly Shvidenko vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien. Es könne nämlich passieren, dass sie vom Netto-CO2-Speicher zu einer bedeutenden Quelle des Treibhausgases werden.

Die borealen Nadelwälder erstrecken sich über die nördlichsten Regionen von Kanada, Russland, Alaska und Skandinavien. Sie spielen für das globale Klima eine große Rolle, weil sie enorme Mengen an CO2 aus der Atmosphäre aufnehmen. Nach Schätzungen speichern sie mindestens 32 Prozent des weltweit vorhandenen Kohlenstoffes, und zwar nicht nur in den Bäumen, sondern auch im Permafrostboden. Außerdem beherbergen sie eine Fülle von Pflanzen-, Tier und Pilzarten.

Waldbrände und Schädlingsplagen

Diese nördlichen Wälder sind jedoch eines der vom Klimawandel am meisten betroffenen Ökosysteme der Erde, so die Forscher. Bei einer globalen Erwärmung um vier Grad Celsius würde es dort sogar um bis zu elf Grad wärmer. Die Klimazonen verschieben sich laut Studien in diesem Bereich zehnmal schneller Richtung Norden als die Baumpopulationen wandern können, erklärten sie.

Schon jetzt würden die wärmeren Temperaturen und stärkere Trockenheit zu vermehrten Waldbränden und stärkerem Insektenbefall führen. Die zunehmende Industrialisierung und Verschmutzung von Boden, Wasser und Luft verstärken den Stress für diese Wälder, so die Wissenschafter.

CO2 und Methanspeicher

Aufgrund von Nährstoffverlusten drohten Waldgebiete auszuhagern und zu Gras- und Buschland zu verkommen. Taut der Dauerfrostboden auf, betrifft das nicht nur den globalen Wasserhaushalt: Es würden auch riesige Mengen an CO2 und Methan freigesetzt.

Die Forscher plädieren in dem Artikel dafür, dem borealen Wald auf politischer Ebene mehr Aufmerksamkeit und Schutz zu widmen. Sie schlagen etwa lokale Aufforstungen vor, fordern besser verteilte Schutzgebiete, ein aufmerksames Beobachten von möglichen Veränderungen und nachhaltigere Waldbewirtschaftung. (APA, 20.8.2015)