Die Stadt Bilbao glänzt durch ihre Rolle als Avantgardistin unter den spanischen Großstädten. Sie wird längst in einem Atemzug mit Barcelona, Sevilla oder Madrid genannt. Mitverantwortlich ist das 1997 eröffnete Guggenheim-Museum, das de facto eine neue Zeitrechnung für den Tourismus im spanischen Baskenland eingeläutet hat. Das Museum für Moderne Kunst, dessen Titaniumverkleidung je nach Sonneneinfall in Gold-, Silber und Grautönen leuchtet, ist ein internationaler Anziehungspunkt.

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Die Eröffnung des Guggenheim-Museums in Bilbao im Jahr 1997 bewirkte einen touristischen Aufschwung in der gesamten Region.

In der ehemaligen Industriestadt treffen Arbeiterwohnungen in Plattenbauten der 1960er- und 70er-Jahre auf Art-déco-Häuser und Zeitgenössisches. Neben Frank Gehry, der für das Guggenheim-Museum verantwortlich zeichnet, haben sich Architekten wie César Pellin, Philippe Starck, Zaha Hadid oder Santiago Calatrava bei der architektonischen Erneuerung der Stadt ausgetobt.

Stadt mit zwölf Sternen

Zum zweiten Ankerpunkt der Reisenden sind in der nordspanischen Region die unzähligen kulinarischen Feinheiten geworden. Das Baskenland hat weltweit die höchste Dichte an Sternerestaurants. Allein in der Küstenstadt San Sebastián vergibt der "Guide Michelin" zwölf Sterne. Dabei ist die Spitzenküche hier immer noch vergleichsweise preiswert. Ein Acht-Gänge-Menü im "Etxanobe" in Bilbao etwa kommt auf gerade einmal 88 Euro. Selbst in Fischerorten wie Getaria finden sich Sternelokale. Der Ruf des gegrillten Fisches, der stets frisch aus dem Atlantik auf die Teller im "Elkano" kommt, reicht weit über die Landesgrenzen hinaus.

Eine ganze Feinkostregion

Durch diese hohe Dichte an Großmeistern in der Küche ist das Baskenland mehr und mehr zu einem einzigen Feinkostgeschäft geworden. Bei dem kleinen Fischhändler Maisor direkt am Hafen von Getaria wird von in Essig eingelegten Anchovis über Sardinen in Konservendosen bis zum Weißen Tunfisch noch alles von vier Damen händisch hergestellt.

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Das Hafenstädtchen Getaria 20 Kilometer westlich von San Sebastián ist ein baskisches Schmuckstück.
Foto: picturedesk / Walter Bibikow / Danita Delimont

In und um die Stadt liegen zahlreiche Weingüter, die den charakteristischen, trockenen Weißwein Txakoli produzieren. Für den Export brauche es dennoch spezielle Konzepte, erklärt Onditz Eizagirre, die mit ihrer Schwester das Weingut Talai Berri bei Getaria führt. Sie verschickt ihren Txakoli am liebsten in Kombination mit Fischkonserven aus der Stadt und Olivenöl, Weißweinessig oder Käse aus der Region. So kann man die gesamte Gegend wohl besser "schmecken", aus der ihr Wein kommt.

Urbane Muschelbucht

20 Kilometer von Getaria entfernt liegt die Küstenstadt Donostia-San Sebastián an einer muschelförmigen Bucht am Atlantik. Dort trifft sich noch heute die spanische Hautevolee zur Sommerfrische, wie schon im 19. Jahrhundert der spanische Königshof. Die berühmte Playa de la Concha – der "Muschel-Strand" – zieht tagsüber Surfer, spanische Familien und Touristen an.

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Die Playa de la Concha in Donostia-San Sebastián ist ein außergewöhnlich schöner Stadtstrand.

Abends lenken die Gassen zwischen den Belle-Époque-Häusern in der Innenstadt die ganze Aufmerksamkeit auf sich. In den vielen Bars kostet man sich bei einem Glas Wein oder Bier durch die verschiedenen Pintxos. Die baskischen Tapas werden fast ausschließlich aus regionalen Delikatessen zubereitet und fallen meist sättigender aus als jene in Zentral- oder Südspanien – Eier und Mayonnaise sind fast überall drin.

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Pintxos, also baskische Tapas, sind für gewöhnlich recht deftig.

2016 wird Donostia-San Sebastián Europäische Kulturhauptstadt sein und wohl auch stark auf ihre kulinarische Anziehungskraft setzen. Doch schon jetzt ist diese im Baskenland gut aufbereitet. In unzähligen Kochworkshops kann man lernen, wie klassische Pintxos zubereitet oder baskischer Kuchen gebacken werden.

Wer bodenständige, deftige Küche schätzt, sollte eine der "Mostschenken" rund um San Sebastián besuchen. Der fermentierte Apfelwein steht in deckenhohen Fässern zum Probieren bereit. Ainize Mitxelena demonstriert, wie sich die Basken ihren Sidra einschenken. Sie ruft "Txotx", was einem "Prost" entspricht, und dreht den Zapfhahn am Fass kräftig auf. Hinter ihr haben Durstige bereits eine Schlange gebildet. Einer nach dem andern lässt sich nun aus mindestens einem Meter Entfernung den Cider ins Glas spritzen. Dazu werden deftig-scharfe Chorizo, T-Bone-Steaks und Kabeljau in Ei gereicht.

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Die Mostschenken um San Sebastian sind nicht nur sehenswert, sondern servieren oft auch hervorragende bodenständige Gerichte.

Rund eine Autostunde von Vitoria-Gasteiz, der grünen Provinzhauptstadt des Baskenlandes, entfernt, befindet sich die baskische Weingegend Rioja Alavesa. Nahezu alle Einheimischen der Region arbeiten im Weinbau. Mit ihrer Lage zwischen dem Fluss Ebro und dem Kantabrischen Gebirge besitzt die Rioja Alavesa ein besonderes Mikroklima, das bestens für das Kultivieren von Wein geeignet ist. Die meisten Türen der gut 40 Bodegas in dieser Gegend stehen für Besucher offen, auch die Basken verbringen dort gerne ihren Sommer.

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Die Weinregion Rioja Alavesa verfügt über ein besonderes Mikroklima.

Vitorino Eguren und seine Frau Mercedes ziehen sich zur Mittagszeit gerne in eine kühle Höhle im Weinberg zurück. Mit einem Winken bitten sie Besucher in den mit Andenken zugepflasterten Raum, in dem sie normalerweise Freunde oder Verwandte bewirten. Seit vielen Jahren esse er hier jeden Tag mit seiner Frau, sagt Vitorino. Ihr Weingut Eguren Ugarte ist seit 1870 in Familienbesitz, mittlerweile führen schon die Söhne die Bodega. Warum er den Hof damals übernommen habe? "Weil meine Frau einen Garten wollte", sagt Vitorino und lacht. (Stefanie Ruep, 25.8.2015)