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Hemdträgerin Karlie Kloss bei der New York Fashion Week im Februar.

Foto: AP Photo/Richard Drew

Eigentlich muss die Geschichte um das Hemd von "Pretty Woman" Julia Roberts nicht großartig nacherzählt werden. Dessen Qualitäten liegen auf der Hand: im bäuchlings geknoteten Männerhemd eroberte das wohl breiteste Lächeln Hollywoods erst Richard Gere und dann die Filmindustrie. Und ließ das ganze Designer-Schischi, das die Kostümdesignerin Marilyn Vance damals auf die junge Roberts zuschneiderte, völlig überflüssig erscheinen.

Wenn man so will, bewahrheitet sich im Rückblick auf "Pretty Woman" eine goldene Regel der Frauenmagazine. Die lautet: in einem Hemd sehen Sie immer gut aus – da komme, was wolle. Gemeint ist natürlich ein echtes Hemd. Eines ohne Allüren und Abnäher, ohne Rüschen und Raffungen. Zum Glück finden Frauen sowas mittlerweile nicht mehr nur in der Männerabteilung.

Luftige Verheißung

Warum sich das Hemd in der weiblichen Garderobe etablierte? Sicher nicht nur, weil es so schön zeitlos ist. Oder weibliche Rundungen so schön verpackt. Tatsache ist: das Männerhemd wurde in der Werbung und in der Mode immer wieder als luftige Verheißung, die mal eben über den Frauenkörper geworfen wird, inszeniert. Besonders gern, das sollte auch gesagt werden, von den Männern. Einer, der schon früh kapiert hat, dass dem herben Kleidungsstück ein Zauber inne wohnt, war Peter Lindbergh.

Der Fotograf warf in den Achtzigern und Neunzigern unzähligen Models weiße Hemden über. Eines dieser Fotos aus der Zeit zeigt sechs Frauen in übergroßen weißen Hemden, unter ihnen Linda Evangelista und Christy Turlington. Das Setting? Ein Strand Nähe Los Angeles. Die Szenerie sollte wohl rechtfertigen, dass aus dem perfekt gestärktem Baumwollweiß jede Menge Schenkel und ein bisschen Unterwäsche herausschauen durften.

Allerdings muss Lindbergh fast schon Einfallsreichtum attestiert werden. Denn das Hemd wurde sonst meist als wenig subtile Verlockung in der Nähe des Bettes ausgepackt. Brigitte Bardot zum Beispiel, die musste sich in "Und immer lockt das Weib" noch im Hemd auf der Matratze räkeln.

Und aktuell? Ist Schluss mit luftig. Na ja, fast. Die Baumwolle wird zumindest nicht mehr einfach nur so hängen gelassen. Hemden werden heute geknotet, aufgeknöpft und wie ein Carmen-Top über die Schultern gezogen. Oder gleich als Rock um die Hüften gebunden. Und ja, so sieht das Hemd gerade wieder richtig spannend aus.

(Anne Feldkamp, 26.8.2015)

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