Im Restaurant Seeplatz'l isst und trinkt man direkt am Ufer des Grundlsees.

Foto: Tobias Müller

Gebratene Jakobsmuscheln auf Sepianudeln und roten Rüben.

Foto: Tobias Müller

Die Österreicher sind keine großen Fischesser, gerade einmal etwa acht Kilo verspeisen sie pro Kopf und Jahr, verglichen mit etwa 40 Kilo Schweinefleisch. Da verwundert es nicht, dass sie auch keine großen Fischköche sind. Schade ist das trotzdem. Manches, was hier aus den Seen, Flüssen und Zuchtteichen gezogen wird – Karpfen, groß und fett wie Tunfisch, saftige Riedlinge, zarte Edelkrebse und sogar Muscheln –, braucht sich vor den Kollegen aus dem Meer oft nicht zu verstecken. Allein: Wenige Köche können oder wollen damit etwas anfangen.

Im Salzkammergut ist die vielleicht größte Ausnahme von dieser Regel Lukas Nagl im Bootshaus am Traunsee – von der selbstgemachten Traunseefischsauce bis hin zum Süßwassermuschelfond findet man selten so gute, kreative Süßwasserfischküche. Nun schickt sich ein weiteres Seehotel an, da anzuschließen.

Robert Hocker am Herd

Dietrich Mateschitz' Seehotel am Grundlsee hat diese Saison für sein Restaurant Seeplatz'l Robert Hocker engagiert, der einst das Restaurant Post am See bekochte und betrieb. Das ist an sich eine feine Mischung: Das Seeplatz'l hat eine der schönsten Terrassen dieser an schönen Terrassen reichen Gegend und Hocker ein unösterreichisches Gespür für den Garpunkt aller Wasserbewohner. Er hat einige Ideen, was man mit ihnen jenseits von Mehlieren und Niederbraten machen kann – und er hat Zugang zu hervorragenden Produkten. Bloß nutzt er das alles hier noch nicht optimal.

Das Seeplatz'l bietet abends drei mehrgängige Tasting-Menüs. Wer das Fischmenü bestellt, kann sich an Hockers Können erfreuen: Die "sauer marinierte Reinanke mit Fenchelsalat" ist erfrischend und geschmacksintensiv wie ein guter Bismarckhering. Die "Räucherforellensuppe mit knusprigen Nockerln" möchte man gern jeden (gut, November-)Tag schlürfen und knuspern, so fein umspielt das Raucharoma den samtigen Fischgeschmack. Und das "mit Buchweizen gebratene Saiblingsfilet" ist knusprig und so perfekt auf den Punkt gebraten, wie man das in der Gegend sehr lange suchen muss.

Heimat versus Exotik

Das Seehotelmenü ist länger und wohl als das Aushängeschild gedacht, kommt allerdings nicht an das Fischmenü heran. Bei den "gebratenen Jakobsmuscheln auf Sepianudeln und roten Rüben" sind die Muscheln außen knusprig, innen perfekt glasig gebraten und harmonieren schön mit der erdigen Süße der Rüben. Dass sie aber auf Zitronengras gespießt werden, ist so seltsam wie die Bremsspur aus unessbarem "Rote-Rüben-Lack" am Tellerrand. "Cremesuppe vom grünen Curry mit gebratenen Garnelen" klingt an einem Alpensee so verlockend wie ein Germknödel auf Koh Samui. Und bei "geräucherter Entenbrust auf Rahmwirsing" ziehen im Sommer Novembernebelschwaden um den Esser auf – "Tomatengnocchi" versuchen vergeblich, das Gericht aus der Spätherbstecke zu holen.

Noch beim Dessert gewinnt das Fischmenü: Während "gebrannte Creme vom Ziegenfrischkäse" (Seehotelmenü) super klingt, aber auch nicht anders schmeckt als Crème brulée, erfreuen den Fischmenü-Esser ein "Holunder-Sektsüppchen" und ein grandioses Topfensorbet. (Tobias Müller, Rondo, 28.8.2015)