Die Spezies Levantina spiriplana auf Rhodos.

Foto: UHH/Glaubrecht

Hamburg/Rom – Schnecken der Gattung Levantina kommen, anders als ihr Name vermuten lässt, nicht nur im heutigen Israel, Libanon und Syrien vor, sondern auch auf einigen ägäischen Inseln rund um Rhodos. Wie deutsche und italienische Wissenschafter nun herausfanden, dürften sie ihre Verbreitung mittelalterlichen Kreuzrittern verdanken.

Matthias Glaubrecht (Universität Hamburg) und sein Kollege Valerio Ketmaier (Universität Rom) führten DNA-Analysen an unterschiedlichen Spezies der Gattung durch. Wie sie in "Zoosystematics and Evolution" berichten, ließen sich so verwandtschaftliche Beziehungen klären und nachweisen, dass Vertreter der Gattung lange nach einer ersten Besiedlungswelle vor 2,8 bis 3,5 Millionen Jahren erneut aus ihrer Heimat Israel, Syrien und dem Libanon auf die Inseln gelangten.

Kreuzritter im Verdacht

Während in der ersten Phase noch eine Landverbindung mit dem vorderasiatischen Festland bestand und die Schnecken folglich problemlos allein einwandern konnten, war dies zu späteren Zeiten nicht mehr der Fall. Aus den DNA-Tests und einigen weiteren Indizien zog Glaubrecht nach eigenen Angaben daher den einzig logischen Schluss: "Da Schnecken nicht übers Meer fliegen, ist es wahrscheinlich, dass Kreuzritter sie auf und vor allem innerhalb der Inseln verschleppt haben."

Der Biologe hatte bereits vor mehr als 20 Jahren die Levantina-Populationen auf Rhodos und benachbarten Inseln für seine Diplomarbeit genauer untersucht und festgestellt, dass einige Formen ausschließlich an Orten leben, die eng mit der Geschichte des Ritterordens der Johanniter zusammenhingen. Einige Arten, die exakt mit jenen vom nahöstlichen Festland identisch waren, kamen sogar nur in den Johanniter-Festungsanlagen vor.

Menschlicher Einfluss

Durch die Auswertung der Schnecken-DNA sei es nun gelungen, die These einer "Schnecken-Invasion" als Folge der Kreuzzüge zu untermauern. Die Ausbreitung der Schnecken sei ein gutes Beispiel dafür, dass Menschen entscheidend an der Ausbreitung von Tierarten beteiligt seien und so die Fauna und Flora beeinflussten, so Glaubrecht.

Ob die Angehörigen des Johanniter-Kreuzritterordens, die zu Zeiten der Kreuzzüge nach Jerusalem in der Ägäis ein eigenes Herrschaftsgebiet aufbauten und Rhodos zwischen 1306 und 1522 zu ihrem Hauptquartier machten, die Tiere absichtlich oder unabsichtlich einschleppten, lässt sich wohl nicht mehr klären. Denkbar sei aber, dass sie etwa als eine Fastenspeise gezielt importiert worden seien. Andererseits sei es ebenso möglich, dass sie als blinde Passagiere in Ladungen mit Baumaterial per Schiff übers Mittelmeer gelangten, vermuten die Forscher. (APA, red, 28.8.2015)