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Ist eine ungetilgte Vorstrafe für die Tätigkeit oder das Unternehmen – beispielsweise aus Reputationsgründen – von Belang, so muss die Frage auch wahrheitsgemäß beantwortet werden.

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Sehr oft wird in Bewerbungsgesprächen nach Vorstrafen gefragt bzw. die Vorlage eines Strafregisterauszuges verlangt. Es stellt sich hierbei die Frage: "Darf das der potentielle Arbeitgeber?" und welche Konsequenzen hat eine allenfalls wahrheitswidrige Beantwortung dieser Frage?

Vor weg zu schicken ist, dass es grundsätzlich keine arbeitsrechtliche Verpflichtung für Arbeitnehmer gibt, bei einem Einstellungsgespräch Fragen nach allfälligen Vorstrafen zu beantworten oder einen Strafregisterauszug vorzulegen. Derartige Fragen können daher theoretisch unbeantwortet bleiben bzw. kann die Vorlage eines Strafregisterauszuges verweigert werden.

In der Praxis wird dies allerdings die Folge haben, dass man im Bewerbungsprozess nicht mehr weiter berücksichtigt wird, da der potentielle Arbeitgeber hinter dieser Weigerung meist "Schlimmstes" befürchtet.

Berechtigtes Interesse oder nicht?

Inwieweit die Frage nach Vorstrafen bzw. nach einem Strafregisterauszug zulässig ist, hängt vom Einzelfall ab. Grundsätzlich ist nämlich nicht jede Frage im Zuge eines Bewerbungsgespräches auch tatsächlich zulässig. Jedem Arbeitnehmer wird auch ein privater Bereich zugestanden, der vor dem Zugriff durch andere geschützt ist. Damit im Konflikt steht das berechtigte Interesse eines Arbeitgebers, über den zukünftigen Arbeitnehmer auch sämtliche Informationen zu bekommen, die für das in Aussicht genommene Dienstverhältnis bzw. die zu besetzende Stelle von Bedeutung ist.

Genau dieses berechtigte Interesse des Arbeitgebers ist es, das im Einzelfall die Frage nach Vorstrafen rechtfertigt oder nicht. Diese Unterscheidung ist in der Praxis insofern relevant, als die Nichtbeantwortung dieser Frage – wie bereits erwähnt – in der Praxis wohl die Aussicht auf den ausgeschriebenen Job vereitelt und sich somit die Frage stellt, ob eine wahrheitswidrige Antwort arbeitsrechtliche Konsequenzen haben kann.

Für sich behalten: Getilgte Vorstrafen

Jedenfalls begrenzt ist die wahrheitsgetreue Auskunftspflicht durch das Tilgungsgesetz. Es sieht vor, dass sämtliche nachteilige Folgen, die aufgrund des Gesetzes mit einer Verurteilung verbunden sind, durch Tilgung nach einem bestimmten Zeitraum erlöschen. Die sogenannte "Tilgungsfrist", nach der Verurteilungen auch aus dem Strafregisterauszug gelöscht werden, ist abhängig von der Schwere der Strafe und beträgt zumindest drei Jahre. Bei der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe zwischen einem und drei Jahren beträgt die Tilgungsfrist beispielsweise zehn Jahre.

Die Frage nach getilgten Vorstrafen ist somit jedenfalls unzulässig und könnte gegebenenfalls aus arbeitsrechtlicher Sicht sanktionslos falsch beantwortet werden. Selbiges gilt auch für ungetilgte Verurteilungen, bei denen das Tilgungsgesetz allerdings nur eine beschränkte Auskunftspflicht gegenüber Behörden vorsieht. Auch nach derartigen Verurteilungen darf nicht gefragt werden. Auch wenn eine Vorstrafe für die in Aussicht genommene Tätigkeit keinerlei Belang hat, wäre die entsprechende Frage unzulässig und könnte ebenfalls wahrheitswidrig beantwortet werden. Eine derartige Falschantwort berechtigt den Arbeitsgeber zu einem späteren Zeitpunkt nicht, aufgrund dessen das Dienstverhältnis zu beenden.

Für den Job relevant?

Ist die ungetilgte Vorstrafe, die nicht der beschränkten Auskunftspflicht unterliegt, allerdings für die Tätigkeit oder das Unternehmen – beispielsweise aus Reputationsgründen – von Belang, so muss die Frage auch wahrheitsgemäß beantwortet werden. Der Oberste Gerichtshof hat beispielsweise festgestellt, dass bei einem Außendienstmitarbeiter einer Versicherung die Frage nach noch nicht getilgten Vorstrafen zulässig ist, da Außendienstmitarbeiter eine besondere Vertrauensstellung genießen und im Zuge ihrer Tätigkeit das Unternehmen gegenüber dem Kunden repräsentieren.

In diesem Fall sah der OGH die Kündigung eines Außendienstmitarbeiters, der die Frage nach Vorstrafen wahrheitswidrig beantwortet hat und tatsächlich wegen eines Suchtgiftdeliktes verurteilt worden war, als gerechtfertigt an. Selbiges würde wohl auch für die Frage nach Vermögensdelikten bei Mitarbeitern gelten, die entsprechend Kontakt mit Bargeld haben oder Budgethoheit über beträchtliche Beträge. Auch im Bereich der Kinderbetreuung wird die Frage nach Vorstrafen, insbesondere betreffend Sexualdelikte jedenfalls zulässig sein.

Vielzitierter Einzelfall

Ist die Frage nach Vorstrafen zulässig und antwortet der Mitarbeiter wahrheitswidrig, so berechtigt dies den Dienstgeber, wenn er in weiterer Folge "dahinterkommt", dass hier beim Einstellungsgespräch gemogelt wurde, das Dienstverhältnis aus diesem Grund zu beenden. Ob dies zur fristlosen Entlassung oder bloß zur Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist berechtigt, hängt wiederum vom Einzelfall ab. (Stephan Nitzl, 1.9.2015)