Die Antwort des ungarischen Regierungschefs Viktor Orbán auf die gegenwärtige Flüchtlingskrise ist so simpel, wie sie populistisch ist: internieren, kriminalisieren, mit Notstandsgesetzen regieren.

Das Gesetzespaket, das diese Woche durch das Parlament gehen könnte, stattet die Orbán-Macht mit Durchgriffsrechten aus, wie sie beispiellos sind für ein EU-Land. Ein Detail am Rande: Die Polizei wird Wohnungen künftig ohne richterlichen Befehl durchsuchen können, wenn der Verdacht besteht, dass sich dort Flüchtlinge verbergen könnten. Für Orbán ist die Flüchtlingswelle durch sein Land kein soziales, polizeiliches und europäisches Problem, sondern der Kriegsfall schlechthin. "Masseneinwanderer greifen Ungarn an" – das ist der Tenor der amtlichen Propaganda. Der Kriegsfall ruft nach dem Notstand.

Orbán wird aber den "Masseneinwanderungsnotstand" – so definiert im Gesetzespaket – nicht nur dazu nutzen, um die schutzlosen Migranten noch mehr zu quälen, sondern vor allem auch dazu, die demokratischen Rechte seiner eigenen Bürger weiter abzubauen.

An dem unheimlichen Treiben Orbáns trägt auch die EU Schuld, die schon auf den bisherigen Demokratieabbau nur kleinlaut reagierte. Das Fehlen einer europäischen Flüchtlings- und Migrationspolitik gibt dem ungarischen Autokraten anscheinend freie Hand. Das Scheitern von Dublin III weidet er genussvoll aus. (Gregor Mayer, 31.8.2015)