Wer Netflix schauen will, soll dafür auch voll zahlen – beim Teilen von Accounts drückt der Anbieter bisher aber ein Auge zu.

Foto: Netflix

Vor einer "neuen Form der Piraterie" warnt das US-Beratungsunernehmen Parks Associates: Laut einer aktuellen Untersuchung ziehen Video-Streaming-Plattformen eine wachsende Schar an unerwünschten Gratissehern an. Über das Teilen von Accounts würden viele versuchen, sich – oder anderen – die monatlichen Kosten zu ersparen. In Summe würden der Branche so jährlich rund eine halbe Milliarde US-Dollar entgehen.

Umfang

Das Ausmaß dieses Phänomens verdeutlichte unlängst eine britische Online-Umfrage: Dabei gab jeder vierte Nutzer an, zumindest einen seiner Streaming-Zugänge mit anderen zu teilen. Am stärksten ist davon Netflix betroffen, dessen Zugang immerhin von 50 Prozent der Teilwilligen weitergegeben wurde. Aber auch Accounts für Amazon Prime Instant Video werden demnach eifrig geteilt. Und zwar nicht nur innerhalb des eigenen Haushalts, in Online-Foren tauchen vermehrt Fragen auf, ob sich Dritte die Kosten für solch einen Zugang teilen – und so Kosten sparen – wollen.

Legal? Illegal?

Bei all diesen Warnungen, bleibt die Kernfrage allerdings offen: Ist all dies überhaupt illegal? Rechtsexperten sehen das Ganze derzeit in einem Graubereich, wie die deutsche Tageszeitung "Welt" in einem aktuellen Artikel herausarbeitet. Die Frage, ob das Weitergeben der Login-Daten legal sei, sei derzeit noch nicht geklärt, immerhin nehme hier jemand eine Leistung in Anspruch, für die er nicht bezahlt habe.

Schwammige Formulierungen

Die AGBs der einzelnen Anbieter helfen bei der Spurensuche auch nur begrenzt weiter. So heißt es etwa bei Netflix: "Der Kontoinhaber (...) sollte das Passwort niemand anderem zugänglich machen, um die exklusive Kontrolle zu behalten." Ein konkretes Verbot ist das rechtlich allerdings nicht. Auch sonst gibt sich die Streaming-Plattform in seinen Formulierungen eher schwammig. So bietet der Service Account-Typen an, bei denen bis zu vier Personen gleichzeitig schauen können – zu einem deutlich niedrigeren Preis, als vier Einzelzugänge kosten würden. Gemeinhin spricht Netflix davon, dass dies auf die eigene Familie begrenzt ist, an anderer Stelle werden aber sehr wohl auch "Freunde" genannt.

Sky als Ausnahme

Ganz allgemein scheinen die dominierenden Anbieter bisher nicht sonderlich von den Warnungen vor einer "neuen Form der Piraterie" beeindruckt zu sein. Vonseiten Watchever und Maxdome heißt es zu dieser Frage lediglich, dass die Nutzer schon selbst wissen müssten, wie sorgsam sie mit ihren Zugangsdaten umgehen müssten. Einzig Sky sieht dies nicht so locker, dort warnt man vor Strafen, falls die Zugangsdaten an Dritte außerhalb des eigenen Haushalts weitergegeben würden. Eine solche Vertragsstrafe kann bis zur doppelten jährlichen Abogebühr betragen.

Einfache Rechnung

Dass die anderen Anbieter wenig Interesse am Abdrehen der geteilten Nutzung von Accounts hat, dürfte zwei durchaus simple Gründe haben: Einerseits ist das Streamen von Inhalten üblicherweise auf ein bis maximal vier Geräte beschränkt – allzu große Schaugemeinschaften lassen sich so also ohnehin nicht bilden. Zudem ist den Anbietern noch immer lieber, dass die Leute ihren Service um wenig – oder gar kein – Geld nutzen, als dass sie ihn nicht nutzen. Reduzierte Einnahmen sieht man insofern als Marketingkosten – zumindest solange der Markt wie derzeit noch rasch wachsend ist. (red, 31.8.2015)