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Alaska im August 2015: Idylle im Denali National Park and Preserve. Im Hintergrund der Berg, der wieder Denali heißen soll.

Foto: AP / Andy Newman

Anchorage/Washington – William McKinley befahl eine bewaffnete Intervention auf Kuba, womit die USA der damals schon arg geschwächten Kolonialmacht Spanien den Krieg erklärten. Auch von den Philippinen ließ er die Spanier vertreiben, dann aber die eigene Armee derart brutal gegen die Aufständischen des Archipels vorgehen, dass sich zwischen New York und Chicago bald heftiger Protest regte.

Nach China entsandte er 2.500 Soldaten zur Niederschlagung des Boxeraufstands. Und während McKinley die Angriffe im typischen Ton seiner Epoche damit begründete, dass man allen Völkern den "Segen der Freiheit und der Zivilisation" bringen wolle, sah der Schriftsteller Mark Twain einen skrupellosen Imperialisten am Werk, der das Credo der amerikanischen Republik verriet, indem er den europäischen Mächten mit ihren kolonialen Eroberungen nacheiferte.

Präsident McKinley erschossen

Das alles hinderte einen Goldsucher namens William Dickey nicht, den mit 6.168 Metern höchsten Berg Alaskas, den höchsten Gipfel Nordamerikas, nach McKinley zu benennen, nachdem die Republikaner den Mann 1896 zum Präsidentschaftskandidaten gekürt hatten. McKinley, der dann auch zum Staatsoberhaupt gewählt wurde, galt als glühender Anhänger des Goldstandards, also der Deckung der Währung durch Gold. Am 6. September 1901 von einem Anarchisten erschossen, geriet er schnell in Vergessenheit.

Mit Theodore Roosevelt folgte ihm ein politisches Schwergewicht, das solche Bedeutung erlangte, dass man sein Konterfei neben Washington, Jefferson und Lincoln in den Fels des Mount Rushmore meißelte. Nur der Berg in Alaska behielt McKinleys Namen, obwohl der nördlichste US-Bundesstaat seit 1975 offiziell dagegen ankämpfte. "Denali" sollte er heißen, so wie ihn das Indianervolk der Athabaskan schon zu Zeiten nannte, als Kolumbus Amerika noch nicht entdeckt hatte. Denali, der Hohe, der Mächtige.

Obamas Machtwort

Es sollten vierzig Jahre vergehen, bis das Weiße Haus den Wünschen Alaskas nachgeben hat. Barack Obama bedient sich nun seiner Vollmachten und spricht ein Machtwort, nachdem ein geografisches Expertengremium nicht gewagt hatte, den Namensstreit zu entscheiden. Es hat wohl auch damit zu tun, dass Obama keine Wahl mehr gewinnen muss, wenn er in 17 Monaten aus dem Amt scheidet. McKinley nämlich stammte aus Ohio, und in Washington wollte es sich niemand mit den Lokalpatrioten eines Bundesstaats verscherzen, der bei jedem Präsidentschaftsvotum das Zünglein an der Waage bildet.

Übrigens, als die Kontroverse zwischen Alaska und Ohio 1980 ihren vorläufigen Höhepunkt erreichte, verwiesen die Politiker des "Buckeye State" mit Erfolg auf die Tatsache, dass es in Alaska auch andere Berge mit eindeutig nichtindianischen Namen gibt, zum Beispiel den Mount Churchill. "Wollen wir etwa den Namen eines ermordeten US-Präsidenten hergeben und den eines Briten behalten?", polterte ein republikanischer Kongressabgeordneter namens Ralph Regula. Damals endete das Ringen mit einem Kompromiss: Der Berg hieß weiterhin McKinley, der Nationalpark, in dem er liegt, dafür Denali.

Dass Ohio noch einmal Einspruch einlegt, ist eher unwahrscheinlich. Den gewandelten Zeitgeist, neulich erst hat ihn ein Leitartikler des "Columbus Dispatch", der größten Zeitung des Bundesstaats, ziemlich akkurat widergespiegelt. Ohio wäre gut beraten, sein andauerndes Rückzugsgefecht endlich abzublasen, schrieb er: "Lasst den Denali endlich Denali sein." (Frank Herrmann, 31.8.2015)