Die "Kronen Zeitung" veröffentlichte das Foto mit toten Flüchtlingen im Blattinneren der Freitagsausgabe.

Foto: Krone

Wien – Das unverpixelte Foto mit Leichen aus dem Laderaum des am Donnerstag auf der A4 aufgefundenen Kühllasters aus der "Kronen Zeitung" hat zu einer Beschwerdeflut beim österreichischen Presserat geführt. Bis Montagmittag gingen bereits 170 Mitteilungen von Lesern ein, heißt auf STANDARD-Anfrage und auf Twitter. Rekordhalter im negativen Sinne war bis jetzt die Gratiszeitung "Heute" mit 66 Beschwerden nach einem Artikel im Jahr 2012, für den das Blatt wegen Diskriminierung von Muslimen vom Presserat gerügt wurde. Bei dem Flüchtlingsdrama am Donnerstag starben 71 Personen.

Der zuständige Senat des Presserats wird sich bereits am Dienstag mit dem Foto beschäftigen. Die Causa wird aber nicht nur Thema beim österreichische Presserat, sondern auch beim Pendant in Deutschland. Wie berichtet hatte die "Kronen Zeitung" das Foto der deutschen "Bild"-Zeitung verkauft. Das Boulevardblatt zeigte es mit dem Titel "Foto der Schande". Laut dem deutschen Branchendienst meedia.de langten bei den Medienwächtern in Berlin bis dato 15 Beschwerden ein. Neben der "Bild"-Zeitung landete das Foto auch bei der "Berliner Zeitung" (B.Z.) und bei "Spiegel TV".

"Unentschuldbar"

Mit scharfen Worten verurteilte bereits am Freitag Andreas Koller, Sprecher eines der Senate im Presserat sowie Vertreter der Initiative Qualität im Journalismus, die Veröffentlichung des Fotos: "Ich halte diese Fotos für unentschuldbar. Ich will nicht eine allfällige Entscheidung des Presserats vorwegnehmen, aber Faktum ist, dass Tote auch dann, wenn es sich um Flüchtlinge handelt, Anspruch auf Achtung ihrer Würde haben. Daher ist es inakzeptabel, sie nach ihrem grausamen Tod aus purer Lust an der Sensation im Zeitungsboulevard zur Schau zu stellen", sagte der Innenpolitik-Chef der "Salzburger Nachrichten".

Auf STANDARD-Anfrage verteidigte Richard Schmitt, Chefredakteur der Krone Multimedia, die Vorgehensweise der "Krone": "Das Foto zu bringen war eine gemeinsame Entscheidung der Chefredaktion. Die Gesichter der Todesopfer sind nicht zu sehen, die Identität somit geschützt."

Ermittlungen

Staatsanwaltschaft und Polizei ermitteln unterdessen weiter, wie das Polizeifoto an die "Krone" gelangen konnte. Laut Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil dürfte jener Polizist, der das Foto gemacht hat, nicht derjenige sein, der das Foto auch weitergegeben hat. Doskozil hatte am Wochenende angekündigt, dass die Polizei in engem Kontakt mit der Staatsanwaltschaft (StA) stehe und die Kriminalabteilung am Montag einen ersten Anfallsbericht an die StA übermitteln muss. Dieser war Montagmittag noch nicht bei der StA eingelangt, teilte Verena Strnad, Sprecherin der Anklagebehörde auf Anfrage der APA mit.

Seitens der Polizei werde man an das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK) herantreten, um diese Amtshandlung dorthin abzutreten. Doskozil meinte, es gebe irgendwo Wege, "die durch die Polizei gehen. Diese muss man aufdecken und offenlegen", so der Landespolizeidirektor. (omark, APA, 31.8.2015)