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Der italienische Erdöl- und Energiekonzern steht vor einem milliardenschweren Geschäft.

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Das neuentdeckte Gasfeld ist etwa 100 Quadratkilometer groß und befindet sich 2.680 Meter unter dem Meeresboden in einem Gebiet, wo das Meer rund 1.500 Meter tief ist. Mit einem Potenzial von rund 850 Milliarden Kubikmetern Erdgas handle es sich um das größte Gasfeld des Mittelmeers, teilte Eni am Sonntag mit. Unter dem neuen Feld namens "Zohr" schlummern laut Eni-Direktor Claudio Descalzi möglicherweise noch weit größere Mengen an Gas. Zohr könnte sich damit als eines der größten Vorkommen weltweit erweisen – "und dazu beitragen, den Energiebedarf Ägyptens auf Jahrzehnte hinaus zu decken", wie das italienische Unternehmen schrieb.

Für Eni ist die Entdeckung ein Glücksfall: Der Konzern hatte die Förderrechte für das Gebiet, das sich in ägyptischen Hoheitsgewässern befindet, erst im Jänner 2014 bei einem internationalen Bieterverfahren erworben; im vergangenen Juni wurde zudem mit der ägyptischen Regierung ein milliardenschweres Förderprogramm vereinbart. Eni wird laut diesem Vertrag einen großen Teil der Produktion an Ägypten liefern. "Die historische Entdeckung wird das Energieszenario in Ägypten verändern", betonte Descalzi, der sich bereits am Samstag mit Präsident al-Sisi getroffen hatte, um ihn persönlich über den Fund zu unterrichten. Descalzi glaubt, in zwei Jahren mit der Produktion beginnen zu können.

Immer wieder Stromausfälle

Die Entdeckung des Gasfelds dürfte nicht zu unterschätzende geopolitische Auswirkungen haben. Insbesondere könnte es in Ägypten, dem mit 90 Millionen Einwohnern bevölkerungsreichsten arabischen Land, stabilisierend wirken. Das rasante Bevölkerungswachstum hatte zu einem beträchtlichen Energiehunger geführt; in den vergangenen Jahren führten Engpässe bei der Gasversorgung immer wieder zu Stromausfällen, die mitunter politische Unruhen auslösen. Dank des neuen Gasfelds wird das Land nicht nur seine Versorgungssicherheit erhöhen können, sondern auch unabhängiger von Russland werden. "In etwa fünf Jahren werden wir energiepolitisch autonom sein", zeigte sich Ägyptens Energieminister Hamdi Abdul Aziz gegenüber der "Stampa" überzeugt.

Auch Italien wird vom Gasfund profitieren: Das überschüssige Gas aus "Zohr" wird ENI in seinen eigenen Anlagen in Ägypten verflüssigen und nach Italien verschiffen. Derzeit ist auch Italien stark abhängig von russischen Importen, die 41 Prozent des Gasverbrauchs decken. Weitere zehn Prozent stammen aus dem politisch extrem unsicheren Libyen, wo Eni ebenfalls Öl- und Gasfelder betreibt. Von Libyen aus führt die Gaspipeline Greenstream nach Sizilien und von dort aufs italienische Festland. Eni musste wegen der Kämpfe in der ehemaligen Kolonie in den vergangenen Jahren die Produktion zeitweise stark drosseln; außerdem leidet das Unternehmen wie alle Mineralölkonzerne unter den niedrigen Öl- und Gaspreisen. Die Eni-Aktien haben am Montag dank der Entdeckung des Gasfeldes vor Ägypten in einem insgesamt negativen Marktumfeld bis zu vier Prozent zugelegt.

Der Eni-Konzern, der mit seinen Agip-Tankstellen auch im deutschsprachigen Raum präsent ist, war im Jahr 1954 das erste westliche Unternehmen, das in Ägypten nach Öl und Gas suchte. Mit der Entdeckung des neuen Gasfelds kann Eni seine Präsenz am Nil entscheidend verstärken. Dass das neue Feld gerade unter Descalzi aufgespürt wurde, ist kein Zufall: Der Geophysiker hatte vor seiner Ernennung zum Konzernchef während mehrerer Jahre die Abteilung Exploration geleitet. Seit er im vergangenen Jahr das Kommando bei Eni übernommen hatte, konzentriert sich das Unternehmen wieder verstärkt auf die Erkundung von neuen Öl- und Gasfeldern. Dies darf Eni laut dem neuen Gasfördervertrag mit Ägypten nicht nur vor dessen Küsten, sondern auch auf dem Sinai, im Golf von Suez und in Teilen des Nildeltas. (Dominik Straub aus Rom, 31.8.2015)