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Ein verpflichtendes, auch kreativ förderndes zweites Kindergartenjahr scheiterte letztlich an finanziellen Ressourcen.

Foto: REUTERS/KAI PFAFFENBACH

Wien/Graz/Klagenfurt – Letztlich lag es wieder einmal am Geld. Der oberösterreichische Landeshauptmann Josef Pühringer (ÖVP) – er ist gegenwärtig auch Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz – bemerkte am Wochenende im STANDARD-Gespräch, das zweite verpflichtende Kindergartenjahr sei in erster Linie an den fehlenden Finanzen gescheitert. Zum einen habe der Bund keine Bereitschaft gezeigt, die finanziellen Mittel für ein zweites Jahr aufzustocken, zum anderen könnten es sich Bundesländer wie Kärnten oder die Steiermark "einfach nicht leisten".

"Unsere finanzielle Situation brauchen wir nicht länger erörtern", präzisiert Andreas Schäfermeier vom Büro des Kärntner SPÖ-Landeshauptmannes Peter Kaiser. "Wir haben der Ministerin mitgeteilt, dass Kärnten unter einem besonderen Sparzwang steht. Man kann ja von Kärnten nicht verlangen, dass wir uns an das Spardiktat des Finanzministeriums halten müssen, samt Androhung von Sanktionen, und andererseits werden von uns zusätzliche Mehrausgaben gefordert", argumentiert Kaiser-Sprecher Schäfermeier. Durch den verordneten "strikten Sparkurs" sei das Bundesland nicht in der Lage, die zusätzlichen 4,5 Millionen Euro für ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr zu tragen.

"Bund soll mitzahlen"

In der Steiermark verweist man im Büro der zuständigen SPÖ-Landesrätin Ursula Lackner ebenfalls auf die angespannte Budgetsituation im Bundesland. Man sei in der Steiermark "natürlich nicht gegen ein verpflichtendes zweites Kindergartenjahr, die Kosten voll und ganz allein zu tragen, ist aber nicht möglich", heißt es im Büro der Landesrätin. Wenn es zu einer bundesweiten Lösung kommen solle, müsse auch der Bund mitzahlen. Man wehrt sich hier im Bundesland aber, allein "schuld" am Scheitern zu sein.

Familienministerin Sophie Karmasin (ÖVP) hatte sich mit den Ländern darauf geeinigt, dass statt des verpflichtenden zweiten Jahres nur ein Beratungsgespräch für jene Eltern von Vierjährigen, deren Kinder nicht in Betreuung sind, verbindlich sei. Für ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner eine "jetzt machbare Lösung mit den Ländern, die mit finanziellen Engpässen konfrontiert sind".

Anstrengung auch für andere Länder

Sven Pöllauer, Sprecher der Familienministerin, will die jetzige "Light-Variante" aber nicht allein mit den Budgetproblemen der beiden Bundesländer verknüpft sehen. Auch Wien hätte "große Anstrengungen" vor sich gehabt, zumal dort die Betreuungsrate für Vierjährige in Kindergärten nur 88 Prozent betrage. Es gebe auch Rückmeldungen aus den Ländern, dass die jetzige "Beratungsvariante" besser sei als ein verpflichtendes Kindergartenjahr.

Absolut nicht dieser Meinung sind da die Grünen und die Industrie. Beide zeigten sich "enttäuscht". Der Rückzug Karmasins gehe "an den Bedürfnissen der Familien vorbei", sagte Grünen-Bundessprecherin Eva Glawischnig. "Leider wurde eine wirklich große Chance vertan, gezielt genau dort anzusetzen, wo Bildungsinvestitionen am meisten bringen: nämlich in der Elementarbildung", kritisierte Christoph Neumayer, der Generalsekretär der Industriellenvereinigung. (Walter Müller, 1.9.2015)