Youtuber der zweiten Generation wie die lässigen Nachhilfelehrer aus "The Simple Club" gehören für den deutschen Medienberater Bertram Gugel zu den derzeit spannendsten Webvideomachern.

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Medienberater Bertram Gugel ist nächste Woche in Wien.

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STANDARD: Ein Gedankenexperiment: Sagen wir, ich möchte über Youtube ein Vermögen machen. Wie stelle ich's an?

Gugel: Letzten Endes gibt es keinen garantierten Weg zum Erfolg. Wahrscheinlich würden Sie sich zuerst einige Talente suchen und diesen dann eine Plattform bieten.

STANDARD: Ich will die Million mit meinen Talenten erreichen. Ich kann gut journalistische Texte verfassen.

Gugel: Dann würde ich Ihnen raten, dass Sie sich nicht auf News-themen fokussieren. Dass Sie versuchen, Inhalte anzubieten, die lange nachgefragt werden und die eine breite Zielgruppe ansprechen. Und Sie sollten in einer gewissen Regelmäßigkeit auftreten, sodass Sie Ihr Format optimieren und weiterentwickeln können.

STANDARD: Keine Newsthemen?

Gugel: Die sind online nur zwischen zwei und vier Stunden interessant. Das ist nicht unbedingt das Genre, das man als Einzelperson dort besetzen sollte.

STANDARD: Wie lange dauert es, bis ich die erste Millionen habe?

Gugel: Das hängt sehr stark davon ab, wie viele Abrufe Sie generieren. Bis Sie überhaupt signifikant etwas verdienen, dauert es mindestens ein halbes Jahr. Selbst wenn alles gut läuft, wird man nicht über Nacht zum Millionär.

STANDARD: Wie viel Eigenkapital?

Gugel: Für die Technik nicht allzu viel, ein paar Hundert Euro. Sie brauchen auf jeden Fall Zeit. Ein gutes Video braucht mindestens einen Tag. Sie müssen zuerst an die Inhalte glauben und nicht an die Million. Ich glaube, das ist die falsche Motivation.

STANDARD: Welche Vorbilder könnte ich mir nehmen?

Gugel: Die großen Youtuber streuen ihre Inhalte breit und sind auf allen verschiedenen Kanälen präsent. Sie sind eine Marke, die sie auf ganz verschiedenen Kanälen verbreiten und bekannt machen.

STANDARD: Beim Bewegtbildkongress in Wien sprechen Sie nächste Woche über Video als Zukunft der Kommunikation. Was meinen Sie?

Gugel: Wir erleben jetzt, dass Video Teil der Kommunikation wird. Immer mehr Leute senden diese kleinen Gifts – eine Katze fällt wo runter, oder jemand schaut komisch -, das transportiert eine Emotion, eine Äußerung. Indem ich diesen Inhalt teile, kommuniziere ich. Das ist viel effektiver, als lang und breit zu erklären.

STANDARD: Besteht nicht die Gefahr der Inflation – Stichwort Katzenvideos?

Gugel: Wir sehen bestimmte Inhalte sicher sehr häufig. Aber wenn ich mit Videos kommuniziere, muss ich auch etwas zu sagen haben. Wenn ich Katzenvideos zeige, sollten sie mit meinem Produkt zu tun haben. Ansonsten habe ich ein Problem. Die Frage ist ja: Was will ich mit meinen Videos leisten? Die Abrufzahlen sind nicht der Zweck an sich.

STANDARD: Bewegtbild wird immer stärker mobil abgerufen. Verändert das die Inhalte?

Gugel: Es gibt einen großen Trend zu Hochkantvideos. Wenn wir Inhalte mobil konsumieren, sollen sie den ganzen Screen einnehmen und nicht nur die Hälfte.

STANDARD: Die spannenden Webvideomacher derzeit?

Gugel: Wir sehen Youtuber der zweiten Generation, zum Beispiel The Simple Club, der Nachhilfe anbietet. Wir erleben, dass immer mehr Produzenten und Marken Inhalte anbieten, ich denke an Edeka und den Kochkanal Yumtamtam. Und die großen Unterhaltungsmarken nehmen Elemente aus ihren Inhalten.

STANDARD: Was tut sich in Österreich?

Gugel: Immer Red Bull, die einen tollen Job machen und auf Youtube vielen Marken auch den Weg aufzeigen. Ansonsten gibt es einen großen Austausch zwischen Deutschland und Österreich.

STANDARD: Ich hätte Chancen mit meiner Idee?

Gugel: Natürlich. (Doris Priesching, 2.9.2015)